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Campus und Forschung

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Schöner falten
Dagmar Möbius

Als weibliche Technische Designerin ist Diplom-Ingenieurin Anja Knöfel eine Art Rarität. Als preisgekrönte sowieso. Ihr Entwurf einer flexiblen Faltschachtel-Form- und Klebemaschine wurde im November 2009 mit dem 3. Preis in der Kategorie „Sonderpreis Juniordesign“ des Sächsischen Staatspreises für Design ausgezeichnet.

„Sehr viele Faltprozesse sind so kompliziert, dass sie nur mit der Hand möglich sind“, erklärt Anja Knöfel, wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Professur Konstruktionstechnik/CAD Zentrum für Technisches Design an der TU Dresden. Weihnachtssterne können auf ihrer Maschine nicht gefaltet werden, antwortet sie lachend auf eine sich aktuell aufdrängende Frage. Dafür Schachteln von Streichholzgröße bis zum Pizza-Karton. Arzneimittelpackungen, Pralinenschachteln oder Sixpacks beispielsweise. Die Faltschachtel-Form- und Klebemaschine müsste dafür in unterschiedlichen Größen konfiguriert werden. „Das Besondere: Die Maschine ist in Modulbauweise geplant“, sagt Anja Knöfel. Das heißt, einzelne Fertigungsschritte wie Biegen, Prägen oder Kleben erfolgen getrennt. Aneinandergereiht ergeben die Module eine Fertigungslinie mit hoher gestalterischer Komplexität, lobte die Jury und hob hervor, „dass es gelungen ist, mit relativ geringem Mehraufwand an den Verkleidungsteilen die Ursprünglichkeit des Umformungsprozesses von der Fläche zur räumlichen Struktur so wirkungsvoll zu visualisieren“.

Anja Knöfel hatte für ihre Diplomarbeit von Anfang an „etwas Größeres“ im Sinn. Im Praktikum bei Audi hatte sie Leuchten entworfen, im Rahmen eines Kooperationsprojektes zwischen dem Zentrum für Technisches Design der TU Dresden und Roche Diagnostics Medizintechnik designt. „Nun wollte ich gern ein anderes Produktspektrum anvisieren“, blickt sie zurück. Die Idee zu diesem Projekt hatte Dipl.-Ing. Jens Krzywinski, wissenschaftlicher Mitarbeiter für Technisches Design an TU Dresden, der Anja Knöfels Diplomarbeit gemeinsam mit Marek Hauptmann (Professur Verarbeitungstechnik Prof. Majschak) betreute.

Krzywinski, ein 2005 mit dem Sächsischen Staatspreis für Design und 2006 mit dem Mia-Seeger-Preis für sein „Pneumatisches Rettungszelt“ ausgezeichneter Technischer Designer, beschreibt, warum der Formfalter-Entwurf Aufmerksamkeit erregte: „Schnelligkeit entscheidet in der Industrie viel. Diese Maschine kann je nach Kundenwunsch konfektioniert werden, Module lassen sich je nach Schachtelbedarf vor Ort oder bei Defekten austauschen.“ Bis zu einer Million Euro könne eine solche Maschine wert sein.

Noch ist sie nur ein Modell im Maßstab 1:10. Entstanden war der Entwurf bereits im Wintersemester 2007/2008, damals in Form digitaler Bilddaten. Das Modell wurde erst nach dem Diplom gebaut. Formfalter wird für Präsentationszwecke an der Professur für Konstruktionstechnik/CAD – Zentrum für Technisches Design verbleiben. „Doch wir denken darüber nach, wie es der Industrie vorgestellt werden kann“, erzählt Anja Knöfel. Auf der Anfang Dezember in Dresden stattgefundenen Verpackungstagung fiel es bereits positiv auf, freute sie sich. „Wir haben einige interessante Gespräche geführt.“ Das nütze ihr und ihren Kollegen für die künftige Arbeit. „Ein spannendes Themenfeld“, schwärmt sie. „Es beschäftigen sich nicht viele Leute damit und die sind ausgesprochene Spezialisten.“

Ein zweiseitiges Interesse für Technik und Design sei Voraussetzung. Viele Berufskollegen studierten Maschinenbau im Grundstudium und Technisches Design in der Vertiefung im Hauptstudium. Wie Anja Knöfel. Ein Praktikum nach dem Abitur in einer Grafikagentur brachte sie auf die Fachrichtung: „Ich habe Mathe und Physik immer gern gemacht, bei reiner Grafik würde ich vermutlich etwas vermissen." Ein frauentypischer Beruf sei Technischer Designer nicht. Für sie aber der richtige. Als wissenschaftliche Mitarbeiterin forscht Anja Knöfel im Bereich Investitionsgüterdesign und zu VR-Technologien. VR steht für virtual reality. Es geht unter anderem darum, wie Design in klein- und mittelständische Betriebe integriert werden kann.

Formfalter wird übrigens gemeinsam mit allen Nominierten und Preisträgern im Rahmen einer Ausstellungstournee im Freistaat Sachsen zu sehen sein. Noch bis 31. Januar 2010 im GRASSI Museum für Angewandte Kunst Leipzig, danach bis 12. März im Industriemuseum Chemnitz. Dort wird am 21. Januar 2010 der Tag des Designs mit Vorträgen und Präsentationen stattfinden.

Hintergrund:
Der Sächsische Staatspreises für Design wird seit 1992 verliehen. Herausragend gestaltete Produkte und Dienstleistungen sowie überzeugendes Kommunikationsdesign sollen öffentlich gewürdigt und die Leistungsfähigkeit von Design gezeigt werden. Zu dem mit insgesamt 45.000 Euro Preisgeld dotierten Wettbewerb 2009 gingen 273 Bewerbungen ein. Alle Beiträge in den Kategorien Produktdesign, Kommunikationsdesign, Juniordesign und Handwerk wurden anonym gewertet.
www.design-in-sachsen.de