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Una Giesecke
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Absolventenporträts

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Tourismuskauffrau und Redakteurin
Mareike Huisinga

© Steffen Füssel
© Steffen Füssel
„Wenn anderswo abends die Bürgersteige hochgeklappt werden, beginnt das Leben in diesem Stadtteil erst richtig zu pulsieren ...“ So beginnt ihre Website von Dresdens heimlicher Mitte. Die Neustadt hat es ihr angetan. Noch gut kann sie sich an ihre erste Wohnung in der Kamenzer Straße erinnern. „Wir sind 1989 eingezogen, das war mehr oder weniger illegal.“ Denn die Polizei hatte damals die Dachgeschosswohnung gesperrt. TUD-Absolventin Una Giesecke und ihr damaliger Freund bekamen jedoch den Schlüssel und machten sich ans Werk. Nach und nach setzten sie die Räume in Stand. „Mir gefällt dieser Stadtteil aufgrund der Urbanität. Die Dichte von Bewohnern ist hier besonders hoch. Man kann alles zu Fuß erreichen“, schwärmt die 41-Jährige von der Neustadt und fasst zusammen: „Es ist ein besonderer Stadtteil.“

Sie muss es wissen, denn als Mitbegründerin von „Igeltour“ bietet sie verschiedene Stadteilführungen durch die Neustadt an. Bei den Frauen-Routen geht es um die erste sächsische Ministerrätin Else Ulich-Beil oder um Maria Reiche, die Forscherin der Peruanischen Erdzeichen; um Mary Wigmans Tanzschule oder um Charlotte Tesdoof, die Komponistin und Malerin aus der Familie Pfund, berühmt für den schönsten Milchladen der Welt. Vor allem die Kinderführungen liegen Una Giesecke am Herzen: „Vorschul- und Grundschulkindern der Neustadt zeige ich gern das Gesicht ihres Viertels. Stolperstellen und Schleichpfade führen zu erstaunlichen Details, die etwas aus Vergangenheit und Gegenwart erzählen.“ Einen Lieblingsplatz oder Geheimtipp hat sie allerdings nicht: „Am liebsten laufe ich herum und entdecke etwas Neues, weil sich hier so viel verändert.“

Una Giesecke wurde 1965 in Dresden-Cotta geboren. Schon in ihrer Schulzeit hatte sie einen Hang zum Fremden und lernte an einem Thüringer Internat Russisch und Englisch. Im Jahr 1984 kehrte sie nach Dresden zurück und arbeitete bei Jugendtourist. Ihre Hoffnung, durch diesen Job die große weite Welt kennenzulernen, ging jedoch nicht in Erfüllung. Ihr nüchterner Kommentar: „Ich habe damals Schulklassen in die sächsischen Jugendherbergen geschickt.“ Privat unternahm sie allerdings viele Reisen, die sie unter anderem bis nach Sibirien führten. Aber auch diese Touren konnten ihre Sehnsucht, „mal raus zu kommen“, nicht stillen. Deshalb setzte sie alles daran, an der damaligen Hochschule für Verkehrswesen (HfV) einen Studienplatz im Fach „Ökonomie des Fremdenverkehrs“ zu bekommen. Was übrigens ziemlich schwierig war: „Es gab in der gesamten DDR nur diese eine Hochschule, an der man alle zwei Jahre Tourismus studieren konnte, und vieles lief über Beziehungen, die ich nicht besaß“, blickt Una Giesecke zurück. Sie hatte Glück, denn die zwei Jahre Praxis wurden ihr anerkannt. Viereinhalb Jahre dauerte das Studium, das sie 1990 mit dem Titel „Diplom-Kauffrau für Tourismus“ abschloss. Rückblickend sagt sie: „Es war eine schöne Zeit, in der ich finanziell durch ein Stipendium abgesichert war und viele junge unternehmungslustige Leute traf.“ Weniger gut in Erinnerung hat sie das strenge Regime an der damaligen Hochschule, alles war festgelegt. Jedoch konnte Una Giesecke postgradual ihren Fachübersetzerabschluss in Russisch absolvieren.

Gleich nach der Grenzöffnung informierte sie sich in den alten Bundesländern über alternative Stadtführungen und gründete 1990 zusammen mit zwei anderen Dresdner Gästeführern „Igeltour“. Durch die Führungen in der Neustadt stieß sie auf viele interessante historische Frauenpersönlichkeiten. Die inzwischen vergriffene Publikation „Von Maria bis Mary“ (1998) ist ein Resultat davon. Im Jahr 2000 folgte schließlich eine Weiterbildung zur Fachzeitschriftenredakteurin. Dies war die Eintrittskarte für die Aufträge beim Dresdner Magazin Verlag. Die Neustädterin legt Wert auf die Bezeichnung Redakteurin. Denn: „Schreiben und Fotografieren gehören ohnehin zum journalistischen Beruf. Mir gefällt das Redigieren der Texte, eine Auswahl zu treffen, die Organisation, sodass am Ende aus vielen Einzelbeiträgen ein gelungenes Ganzes entsteht.“

Im Jahr 2005 redigierte sie den Bericht zur Gleichstellung von Frau und Mann. Momentan überarbeitet Giesecke die 1995 erschienene Broschüre „Die Äußere Neustadt – Aus der Geschichte eines Dresdner Stadtteils“. Abends sind Proben und Auftritte ihrer Band „Buckijit“ angesagt. Die acht Mitglieder haben sich auf skandinavische, irische und baltische Folkmusik spezialisiert.

Bei ihren aktuellen Tätigkeiten sind Kontakte zur TUD eher selten. Allerdings plant die Universität ein Symposium zum Thema „100 Jahre Frauenstudium an der TU Dresden“. Die Gästeführerin will in diesem Rahmen spezielle Frauenrundgänge anbieten.

Auf die Frage nach Zeit für Hobbys winkt die Freiberuflerin eher müde ab. Denn schließlich wollen Lebenspartner und die drei kleinen Kinder auch noch etwas von Freundin und Mutter haben. Das Nesthäkchen ist gerade mal neun Wochen jung. Kein Grund für Una Giesecke, nur am Herd und am Wickeltisch zu stehen: „Im Frühjahr binde ich mir den kleinen Laurin um, wenn ich dann ab und zu wieder Führungen durch die Neustadt mache.“