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Campus und Forschung

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Können Zeitungen die Stimmung regulieren?
Dagmar Möbius

Die Kommunikationswissenschaftlerin Kristin Bergemann untersuchte in ihrer Magisterarbeit, wie sich Prüfungsstress auf die Mediennutzung auswirkt. Vor allem wollte sie wissen, ob und welche Printmedien zur Entspannung genutzt werden.

Menschen hören Radio, surfen im Internet oder schauen eine Talkshow, um ihre Stimmung zu verbessern. Das geschieht meist unbewusst. Und ist nicht neu. In der Wissenschaft beschäftigt sich die Mood-Management-Theorie mit diesen Vorgängen. Zahlreiche Studien untersuchten bereits, wie Fernsehen, Radio und Internet auf die Stimmung wirken können. Bisher kaum erforscht ist, ob Zeitungen, Zeitschriften und Bücher als Entspannungsmittel taugen.

Kristin Bergemann, inzwischen Absolventin der Kommunikationswissenschaft, studierte im Nebenfach Politikwissenschaft und Soziologie an der TU Dresden und interessierte sich für das Thema. „Ich habe mich immer gewundert, warum in diesem Zusammenhang bisher hauptsächlich Fernseh- und Radionutzung untersucht wurden“, sagt die bekennende Liebhaberin von Wochenendzeitungen. Würden gestresste Studenten zur Entspannung lieber einen unterhaltenden Roman lesen oder fernsehen? „Ich vermutete, dass Menschen, die viel nachdenken, mit kognitiv anspruchsvolleren Printmedien ihre Stimmung regulieren“, erklärt die gebürtige Weißwasseranerin.

In ihrer Magisterarbeit beschäftigte sie sich außerdem damit, welche Persönlichkeitsmerkmale dabei eine Rolle spielen könnten. Faktoren wie Denkbedürfnis, Grad an Neurotizismus, Problembewältigungsstrategien und Geschlecht sollten berücksichtigt werden. Dazu befragte sie im Prüfungsstress befindliche Kommilitonen. 56 Prüfungskandidaten nahmen an einer anonymen Online-Erhebung teil. Die Ergebnisse wurden mit den alltäglichen Gewohnheiten der Mediennutzung verglichen. Ein halbes Jahr arbeitete sie an ihrer 115 Seiten umfassenden Arbeit.

© Foto: privat; Kristin Bergemann M.A.
© Foto: privat; Kristin Bergemann M.A.
„Neurotische Menschen meiden eher Printmedien, wer ein hohes Denkbedürfnis hat, liest oft unterhaltsame Bücher, und emotionale Menschen nutzen bevorzugt unterhaltende Angebote“, fasst Kristin Bergemann einige ihrer Kenntnisse vereinfacht zusammen. Fakt ist, dass auch internetaffine Studenten mit Zeitungen, Magazinen und Büchern entspannen. Für Programmplaner, Zeitungsmacher und Medienforscher dürfte interessant sein, dass sich Frauen häufiger entsprechend der Mood-Management-Annahmen verhalten. Warum das so ist, ist noch nicht vollständig geklärt. Weiterführende Forschung sei angebracht.

Die Deutsche Gesellschaft für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft (DGPuK) würdigte die vorliegende Arbeit als eine von mehreren mit „exzellent“ und veröffentlichte den Abstract auf ihrer Homepage. Ungeachtet der etwas zurückhaltenderen Bewertung der Gutachter vom Institut für Kommunikationswissenschaft der TU Dresden, Professor Lutz Hagen und Privatdozent Dr. phil. Wolfgang Schweiger, bot ein Verlag an, die Magisterarbeit zu veröffentlichen. Doch das kommt für Kristin Bergemann noch nicht in Frage. „Wenn es eine Promotion wäre, vielleicht“, erklärt sie lachend, „ich bin doch erst am Anfang meines Berufsweges.“

Nach ihrem Studium zog sie nach Baden-Württemberg. In Stuttgart absolviert sie ein Redaktions-Volontariat bei einem Unternehmen, das sich vorwiegend mit Corporate Publishing befasst. Dort arbeitet Kristin Bergemann unter anderem an Kunden- und Mitarbeiterzeitungen für Porsche oder Bosch mit, schreibt aber auch für ein regionales Genussmagazin. „Es ist eine echte Traumstelle. Ich habe höchst kompetente Kollegen aus dem Tageszeitungswesen und arbeite an vielfältigen Themen mit“, schwärmt die 24-Jährige. Welche Lektüre bei wem und aus welchem Grund stimmungsregulierend wirkt, weiß sie auf jeden Fall aus erster Hand.