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TU Dresden, Institut für Internationale Forstwirtschaft
Weißiger Höhe 1
01737 Tharandt
Tel.: 035203 3881832

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Campus und Forschung

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Tropisches in den Forstwissenschaften
Susann Mayer

Holz gehört zu den ältesten Rohstoffen und zu einem der bewährtesten Baustoffe in der Menschheitsgeschichte.

© H. Goehler; Schutz von Waldressourcen gehört zu den Themen der Forstwissenschaft
© H. Goehler; Schutz von Waldressourcen gehört zu den Themen der Forstwissenschaft
Der Bau erster (Holz-) Schiffe ermöglichte die Entdeckung der Neuen Welt; spätromanische Kirchen – bedeutsamster Beitrag zur Baukunst Skandinaviens – wurden aus Holz gefertigt. In Herrenhäusern und Villen sind noch heute Wandverkleidungen mit kunstvollen Holzpaneelen zu finden, die dämmende wie auch dekorative Zwecke erfüllten. Holz gilt auch heute als vielfältig verwendbarer Rohstoff- und Werkstoff sowie als Energieträger. Und zwar aus der umweltfreundlichsten Fabrik – dem nachhaltig bewirtschafteten Wald.

Doch nicht überall steht Nachhaltigkeit im Vordergrund. Die Abholzung des Regenwaldes in Brasilien gilt als problematisch für das Weltklima; in Indonesien wird noch immer Brandrodung betrieben, um Land zu gewinnen; Kamerun hat jahrelang Wälder ausgebeutet, um mit Holzexporten seine Auslandsschulden zu tilgen. TU-Absolventen dieser Länder berichteten von solchen Problemen (siehe Kontakt 3/99, S. 24). Ähnliches kennen die Studenten der "Tropischen Waldwirtschaft" (Fachrichtung Forstwissenschaften der TU Dresden). Sie kommen aus Entwicklungs- und Schwellenländern Asiens, Afrikas sowie Brasilien. (Sub-) tropische Meteorologie, Geodäsie, (sub-)tropische Forstgeschichte, aber auch interkulturelle Kommunikation und ökonomische Grundlagen sind einige der Kurse, die der viersemestrige Masterstudiengang bietet. Das Studium in Tharandt mit seiner Verbindung zwischen naturwissenschaftlich-technischen Grundlagen und sozioökonomischen Fächern vermittelt damit auch die Sensibilisierung für die Multifunktionalität des Waldes.

Praktisch „mitten im Wald" studieren sie auch. Sie beschäftigen sich – im idyllischen Städtchen Tharandt, 20km südwestlich von Dresden – vor allen mit Maßnahmen, wie der Wald als Ganzes gepflegt, geschützt und nachhaltig bewirtschaftet werden muss. Während in der Forstwissenschaft das Thema Management/Schutz von Waldressourcen oder auch Gehölzressourcen in Verknüpfung mit Landwirtschaft (Agroforstwirtschaft) im Mittelpunkt steht, wird sich in der Holzwirtschaft mit dem Management von Holzressourcen nach der Ernte und im industriellen Bereich befasst. „Da Holz inzwischen nicht mehr ausschließlich als das wichtigste Erzeugnis bzw. die wichtigste Leistung von Wald bewertet wird, spielen auch Umwelt- und Erholungsleistungen eine große Rolle. Zum Leidwesen der Forstwirtschaft sind aber derartige indirekte „Benefits" sehr schwer oder zu einem Gutteil bisher praktisch nicht in Geldwert auszudrücken, also nicht sicher zu bemessen," so Professor Holm Uibrig vom Institut für Internationale Forst- und Holzwirtschaft. Er ist wie die anderen Tharandter Hochschullehrer der Fachrichtung Forstwissenschaften prädestiniert durch jahrzehntelange Erfahrung in Lehre und Forschung in der (sub-) tropischen und osteuropäischen Forstwirtschaft. Denn mit ihrem Profil ist diese Einrichtung deutschlandweit die einzige, die ausschließlich einer Universität zugeordnet ist.

Kürzlich fand ein Kolloquium anlässlich des 40-jährigen Bestehens des o.g. Institutes statt. Rückblicke in die Historie, Diskussionen mit Fachkollegen aus Forschung und Wirtschaft und die Gründung einer Akademie standen auf dem Programm. Bunt gemischt war die Palette der Gäste, Gastredner aus dem Sudan waren genauso vertreten wie äthiopische oder vietnamesische Fachleute. Unter den Zuhörern saßen indische wie auch brasilianische Studenten und Absolventen. Das Zusammentreffen verschiedener Kulturen im und nach dem Studium – eine wichtige Erfahrung für die spätere, oft leitende Tätigkeit der Alumni.

"Kontakt-online" befragte Professor Uibrig nach:

Geschichte
Unser Institut wurde als „Institut für ausländische und koloniale Forstwirtschaft" 1931 gegründet. Grundlage war eine Verordnung des damaligen Sächsischen Ministeriums für Volksbildung. Das Institut verzog 1940 nach Hamburg. Es hat als Bundesforschungsanstalt nicht in formalem Sinn überlebt, sondern ist dem Fachministerium als nachgeordnete Struktureinheit angegliedert worden. In der 1946 wiedereröffneten TH Dresden (und Fakultät für Forstwirtschaft) wurden 1961 in Tharandt die ersten vietnamesischen Studenten immatrikuliert, die weitere Ausbildung für Studierende aus Ländern der Tropen ist angestrebt. Zunächst gab es eine kleine Struktureinheit als Abteilung für tropische und subtropische Forst- und Holzwirtschaft, die bei der Gründung der Tharandter Fakultät für Forstwirtschaft untergeordnet worden ist. Die Studenten wurden zum „Diplom-Forstingenieur" mit Spezialkenntnissen in tropischer Forstwirtschaft ausgebildet, 1974 und 1976 konnte auch postgradual durch jeweils 4-semestrige Studien eine Qualifikation in tropischer Forstwirtschaft erreicht werden. Die Struktureinheit hat nicht nur während der DDR-Zeit überlebt, sondern hat sich infolge der Widmung für die Ausbildung in tropischer Forstwirtschaft auch nach der deutschen Einheit erhalten können. Im Jahre 1994 ist die Professur für Forst- und Holzwirtschaft Osteuropas hinzugekommen und das Institut erhielt seinen heutigen Namen.

© H. Goehler; ?El Drago" auf La Palma
© H. Goehler; ?El Drago" auf La Palma
 Das Studium
Wichtig ist die Aufgabe des Vollstudiums tropische Forstwirtschaft in deutscher Sprache und 1995 die Einführung eines Master-Studienganges Tropical Forestry in englischer Sprache, mehr als 100 Studierende haben sich bisher dafür eingeschrieben. Als Voraussetzung müssen die Studenten einen Bachelor auf fachnahem Gebiet, Berufserfahrung im Management forstlicher Ressourcen und ausreichende Englischkenntnisse mitbringen. An der Lehre beteiligt sind die anderen Institute der Fachrichtung, der Fakultät und andere Fakultäten der TU Dresden. Wichtig sind auch Praxisdozenten - beispielsweise von der Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ).

Absolventen und internationale Verbindungen
Nach einer Reintegrationsphase sind unsere Absolventen oft in wichtigen Entscheidungspositionen von Ministerien, in der UN oder in internationalen Projekten tätig. Für uns sind sie Partner in internationalen Netzwerken, und zunehmend gibt es gemeinsame Projekte. Eines davon untersucht bis Ende des Jahres die „Möglichkeiten und Grenzen nachhaltiger Bewirtschaftung tropischer Waldökosysteme in Amazonien" (Brasilien), drei Diplomanden und vier Doktoranden sind involviert. Ein anderes Projekt führen die Dresdner gemeinsam mit der TU Berlin in Chile durch. „Regionalplanung in der XI. Region Aysén" - in einer der ärmsten Regionen an der Küste Patagoniens. „Es fehlt an Infrastruktur, Bildungswesen und wirtschaftlicher Entwicklung, aber auch an gesetzlichen Instrumenten für eine Entwicklungsplanung. In Chile gibt es kein nationales Raumordnungsgesetz und so werden regionale Raumordnungspläne und -politik nicht koordiniert. Das Projekt soll als Pilotprojekt dienen und neue Impulse bei der Raumordnung geben. Auf der Grundlage neuester geografischer Daten werden zunächst die Bereiche betrachtet, aus denen heraus sich positive wirtschaftliche Entwicklungen ergeben können. Dazu zählen die Wasserkraft, die Fischproduktion, die Wald- und Forstwirtschaft sowie die Weidewirtschaft, der Tourismus und der Bergbau. Auch Querschnittsfaktoren wie die Aus- und Fortbildung, das Wohnungswesen, die Bauleitplanung, die öffentliche Infrastruktur, der Umweltschutz und die Rechtsgrundlagen müssen mit berücksichtigt werden."

Zukunft
Zum Kolloquium haben wir die „Akademie für Internationale Forst- und Holzwirtschaft e.V. (AIFH)" gegründet. Ziel ist, vor allem die internationale Forschungs- und Entwicklungszusammenarbeit auf dem Gebiet der Forst- und Holzwirtschaft zu fördern. Und das möchten wir in naher Zukunft zum effektiven Laufen bringen.

Prof. Uibrig, vielen Dank für die Auskünfte!