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Sächsische Absolventenstudie: mobil und tendenziell zufrieden
Dagmar Möbius

Die „Generation Praktikum" und der „Taxifahrer Dr. phil." gehören ins Reich der gepflegten Mythen.

© H. Goehler; Taxifahrer Dr. phil. ist eines der hartnäckigen Klischees, die nun wiederlegt wurden.
© H. Goehler; Taxifahrer Dr. phil. ist eines der hartnäckigen Klischees, die nun wiederlegt wurden.
Zumindest in Sachsen. Das ist eines der Ergebnisse der ersten Sächsischen Absolventenstudie, die Ende August in Dresden vorgestellt wurde. „Doch wo Licht ist, gibt es auch Schatten", erklärte Sachsens Wissenschaftsministerin Sabine von Schorlemer.

Die 198.000 Euro teure Studie wurde vom Sächsischen Kompetenzzentrum für Bildungs- und Hochschulplanung an der TU Dresden unter Leitung von Professor Karl Lenz und Professor Andrä Wolter erstellt und trifft Aussagen zur Studienqualität und zum Berufseinstieg. Der Freistaat Sachsen ist nach Bayern und Rheinland-Pfalz das dritte Bundesland mit eigener Absolventenstudie.

Wer befragt wurde
Jeder zweite Absolvent bzw. jede zweite Absolventin der Abschlussjahrgänge 2006 und 2007 von fünf in die Untersuchung einbezogenen Universitäten und fünf Fachhochschulen in Sachsen waren nach einem Zufallsverfahren zwischen Oktober 2008 und Mai 2009 ausgewählt und befragt worden. Wegen ihrer Spezifik waren Kunst- und Musikhochschulen nicht in die Studie involviert. Von insgesamt 12.300 Personen antworteten 2.568 Frauen und 2.318 Männer. Der Rücklauf von 46 Prozent wird als sehr hoch eingeschätzt. Die etwas höhere Frauenquote entspricht der Tatsache, dass in Deutschland seit 2005 mehr Frauen als Männer ein Hochschulstudium erfolgreich abschlossen. Die jüngsten befragten Absolventen waren 22 Jahre alt, die ältesten 54, wobei das Durchschnittsalter bei 28 Jahren lag und damit exakt dem Durchschnittsalter von deutschen Erstabsolventinnen und -absolventen entspricht, das das Statistische Bundesamt ermittelte. Über 80 Prozent der Befragten waren zwischen 25 und 30 Jahre alt.

Was sächsische Absolventen positiv bewerten
„Mehr als die Hälfte der Befragten bescheinigt den sächsischen Hochschulen gute und sehr gute Studienbedingungen", freute sich die Wissenschaftsministerin, „etwa drei Viertel der Befragten würden wieder an ihrer Hochschule studieren." Das spricht für eine hohe Studienidentifikation und Zufriedenheit. Besonders in ihren Kernbereichen Vermittlung wissenschaftlicher Fachkompetenz und Kommunikationsfähigkeit werden die Hochschulen als erfolgreich eingeschätzt.

Innerhalb eines Jahres nach Studienabschluss waren mehr als 80 Prozent der Absolventen berufstätig, selbstständig oder befanden sich in einer wissenschaftlichen Qualifikation – unabhängig von unterschiedlichen Abschlüssen und Fächergruppen. Ob der Bachelor als berufsqualifizierender Abschluss zu werten sei, könne die Studie beantworten: „40 Prozent der Bachelor-Absolventen werden nach dem Studium erwerbstätig."

Immerhin 57 Prozent der Befragten traten ihr erstes Arbeitsverhältnis nach dem Hochschulabschluss in Sachsen an. In den Ingenieurswissenschaften, den Naturwissenschaften und in der Mathematik werden nicht selten sogar Stellen ohne aktive Suche gefunden. „Mehr als 30 Prozent tendieren zur überregionalen Mobilität, was unter anderem an unterschiedlichen Arbeitsmarktchancen liegt", stellte Professor Andrä Wolter fest. Damit liege Sachsen über dem bundesweiten Durchschnitt. Etwa 58 Prozent der jungen Akademiker hatten wegen ihrer beruflichen Mobilität in den ersten Jahren nach ihrem Abschluss eine unbefristete Vollzeitstelle. Doch diese Flexibilität und die damit verbundene Abwanderung von Fachkräften sei gleichzeitig auch problematisch. Etwa ein Drittel der sächsischen Absolventen kehrt Sachsen nach dem Studium den Rücken. Allerdings wurde festgestellt, dass sich 32 Prozent der Absolventen ausschließlich in Sachsen bewerben. Prägnant: „Frauen bewerben sich zehnmal häufiger als Männer und sind sehr viel aktiver", hob die Wissenschaftsministerin hervor. Sie sind auch mehr daran interessiert, in Sachsen zu bleiben.

Was noch nicht zufriedenstellt
Eher im Schattenbereich sieht Professorin Sabine von Schorlemer die Tatsache, dass nur ein Viertel der Studierenden mit der Regelstudienzeit zurechtkommt. Die Gründe dafür sind unterschiedlich. So äußerten sich 40 bis 50 Prozent der befragten Absolventen zurückhaltend bis skeptisch über die Studienqualität. Auch der Zwang zum Nebenerwerb, fächerbezogene Besonderheiten oder individuelle Lebensplanung spielten eine Rolle. Für rund 48 Prozent der Hochschulabsolventen beginnt das Arbeitsleben mit einer befristeten Beschäftigung.

Der Vorwurf der „Generation Praktikum" trifft nach der Studie jedoch nicht zu, betonte Professor Andrä Wolter: „Wir haben unter den Befragten nur 14 Prozent gefunden, die überhaupt ein Praktikum nach dem Studium gemacht haben." Auch der „Taxifahrer Dr. phil.", eine hohe Arbeitslosigkeit unter Akademikern oder die Vermutung, sich vom so genannten „normalen" Arbeitsverhältnis verabschieden zu müssen, gehöre zu den gepflegten Mythen. Zumindest in Sachsen. Man dürfe den beruflichen Einstieg allerdings nicht als punktuellen Akt betrachten, da er sich über Jahre hinziehe.

Was die Studie nicht aussagt
Es werden keine differenzierten Aussagen über diverse Studien-Standorte getroffen, aus methodologischen Gründen. Die Untersuchung sei auch nicht als Hochschulmonitor oder Ranking zu sehen und könne daher nicht als Steuerungsmodell bewertet werden, eher als Bestandsaufnahme. Die Ergebnisse würden dennoch Eingang in die Hochschulentwicklungsplanung finden. „In der Absolventenforschung ist empirisch nicht geklärt, wie bestimmte institutionelle Merkmale von Hochschulen mit beruflichen Karriereverläufen verknüpft werden können", räumte Professor Andrä Wolter ein. Viele Zufälle spielten eine Rolle. Nicht nur an den Lehrinstitutionen. Unstrittig sei jedoch, dass es Unterschiede zwischen den Hochschulen gibt. Diese bekommen die sie betreffenden Datensätze zur Verfügung gestellt. „Wir erwarten, dass die Informationen intern ausgewertet und die Angebote geprüft und ggf. verbessert werden können", hofft Professorin Sabine von Schorlemer.

Was künftige Studenten aus der Studie lernen können
Welche Fächer offerieren gute Einstiegschancen? Welche Studienstrategien begünstigen den Berufseinstieg? Wie wichtig ist es, mobil zu sein? Mit welchen Suchstrategien steigt man nach dem Studienabschluss erfolgreich in den Beruf ein? Diese und viele weitere Fragen bekommen angehende Studenten in der Studie „Studium und Berufseinstieg" beantwortet. Allerdings müssen sie sich dafür durch 365 Seiten arbeiten. Vorweg: „Es lohnt sich, in Sachsen zu studieren", wirbt die Wissenschaftsministerin.