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Fakultät Forst-, Geo-, Hydrowissenschaften
Fachrichtung Forstwissenschaften
Institut für Bodenkunde und Standortslehre
Prof. Franz Makeschin

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Campus und Forschung

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Die „Null-Emissionen-Strategie" kommt nach Brasilien
Martin Morgenstern

Franz Makeschin, Inhaber des Tharandter Lehrstuhls für Bodenkunde und Bodenschutz, hat im Auftrag des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit einen Workshop über nachhaltige Wasser- und Bodennutzung in Südamerika organisiert – vor Ort, in Brasilien. Ein Bericht.

© TUD; Prof. Makeschin: Zufrieden mit dem Workshop
© TUD; Prof. Makeschin: Zufrieden mit dem Workshop
Die Generalversammlung der Vereinten Nationen hat für das Jahr 2012 eine Nachfolgekonferenz zum sogenannten „Erdgipfel" von 1992 angesetzt. Die Weltgemeinschaft vereinbarte damals im brasilianischen Rio de Janeiro unter anderem das entwicklungs- und umweltpolitische Aktionsprogramm „Agenda 21", das als Meilenstein auf dem Weg zur Nachhaltigkeit gilt. Unter dem Namen „Rio+20" soll nun nächstes Jahr der nachhaltigen Entwicklung neuer Schwung verliehen werden. In Vorbereitung dieser Konferenz hatte Prof. Franz Makeschin im November einen dreitägigen Workshop zu „Innovativen Konzepten für den Einstieg in eine Low Carbon Economy (kohlenstoffarme Wirtschaft)" organisiert.

„Brasilien ist geprägt von wachsenden Metropolregionen," sagt der Professor. „Großflächige Gebiete mit intensiver, industriemäßiger Agrarproduktion und Zentren der Rohstoff verarbeitenden Industrie einerseits, und kleinbäuerliche Landwirtschaft in der Fläche prägen das Land. Die rasant wachsende Bevölkerung verursacht eine erhöhte Nachfrage nach Ressourcen; bereits heute gibt es Engpässe in der Wasserver- und Abwasserentsorgung." Zudem seien zukünftig starke Veränderungen des Klimas hinsichtlich der Wasserbilanz, der Grundwasserreserven, dem Erosionsrisiko in den Wassereinzugsgebieten, der Sedimentbelastung der Flüsse und der Trinkwasserreserven zu erwarten.

(siehe auch: Der tropische Regenwald – d.R.)

Die Wasserwirtschaft und Wasserversorgung, aber auch die Böden als nicht erneuerbare Grundlage des Wirtschaftens stehen also vor großen Herausforderungen. Trotzdem, so Makeschin, werden die für den Boden- und Gewässerschutz wichtigen Handlungsfelder in Brasilien bisher nur unzureichend erkannt. Es gilt also erst einmal, ökologisch und wirtschaftlich geeignete Verfahren zur ressourcenschonenden Wasser- und Bodenwirtschaft und nachhaltige Sanierungstechnologien zu entwickeln.

© H.Goehler; Die rasant wachsende Bevölkerung Brasiliens verursacht eine erhöhte Ressourcen-Nachfrage; der Mensch greift ins ökologische Gleichgewicht ein und bringt es aus dem Lot. Täglich schrumpfen die ausgedehnten Regenwälder des Amazonas-Tieflands.
© H.Goehler; Die rasant wachsende Bevölkerung Brasiliens verursacht eine erhöhte Ressourcen-Nachfrage; der Mensch greift ins ökologische Gleichgewicht ein und bringt es aus dem Lot. Täglich schrumpfen die ausgedehnten Regenwälder des Amazonas-Tieflands.
Hierfür will Makeschin auf den in Deutschland entwickelten und erprobten Ansatz einer „Null-Emissionen-Strategie" zurückgreifen. Die Bodenkundler betrachten Stoff- und Energieströme regional und versuchen, ökologisch nachhaltige wie auch wirtschaftlich tragfähige Managementkonzepte umzusetzen. Erforderlich ist dafür, Kreisläufe unter ganzheitlicher regionaler Betrachtung der Akteure, Haushalte, der öffentlichen Unternehmen, Landnutzung und der Planung zu optimieren. „Besonders die deutsche Umwelttechnik hat ein sehr gutes Image und ein hohes Marktpotenzial," erzählt Makeschin. „Und wir haben die notwendigen Technologien, um Energie- und Stoffflüsse zu optimieren."

Entsprechendes Wissen sollte also in einem Workshop ausgetauscht werden. Teilnehmer waren Wissenschaftler der Hochschulen Dresden, Trier und Ostwestfalen-Lippe, des Helmholtzzentrums für Umweltforschung Leipzig UFZ, des Bundesumweltministeriums, aber auch der Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) in Brasilia. Von brasilianischer Seite nahmen Forscher der Universidade de Brasília UnB, der EMBRAPA (Brasilianische Bundesforschungsanstalt für Landwirtschaft und Umwelt), aber auch Angehörige der Nationalen Wasseragentur ANA, der IBAMA (Brasilianisches Institut für Umwelt und erneuerbare natürliche Ressourcen) und des Umweltministeriums MMA (Secretarías für Projektmanagement und für Hydrologie) teil; desweiteren Ingenieure von CAESB (Wasserver- und Entsorgungsunternehmen des Bundesdistrikts Distrito Federal DF für drei Millionen Einwohner) und des Abfall- und Umweltconsulters Ecooidéia. Gemeinsam wurden Entwürfe für ein internationales Null-Emissions-Netzwerk formuliert; darüber hinaus erarbeiteten die Forscher Vorschläge und Konzepte für eine Zusammenarbeit auf den Gebieten der Wasser- und Abfallwirtschaft, der Landwirtschaft und nachgelagerter Verarbeitungstechnologien mit Rest- und Abfallstoffen. Deutsche und brasilianische Experten unterschiedlicher Fachdisziplinen und Unternehmen der Bodennutzung und der Wasser- und der Abfallwirtschaft diskutierten den wissenschaftlichen Kenntnisstand und praktische Erfahrungen.

Mit den Ergebnissen des Workshops kann Makeschin zufrieden sein: Konkrete Optionen für zukünftige Forschungskooperationen liegen nun auf dem Tisch. Schwerpunkte werden der effiziente Schutz und eine nachhaltige Nutzung von Ökosystemen sein. Kooperationspartner vor Ort sind brasilianische Forschungsanstalten und Behörden, die Universidade de Brasília UnB und landwirtschaftliche Betriebe und Wasserversorger in der Metropolregion von Brasilia.

„Brasilia als wachsendes Ballungszentrum ist doch ein ideales Beispiel, um in einem disziplinübergreifenden Pilotansatz vorhandene Potenziale zu analysieren", fasst Prof. Makeschin zusammen. „Der Workshop hat sein Ziel erfüllt: Wir haben die Situation vor Ort analysieren können, Optimierungsvorschläge unterbreitet und dafür technologische Lösungen angeboten. Kooperationen mit regionalen Entscheidern wurden angearbeitet. So können wir die deutsch-brasilianische Zusammenarbeit im Umweltbereich, insbesondere beim Klimaschutz und der Ressourceneffizienz, weiterentwickeln. Und das ist wichtig: Denn Projekte in Brasilien haben immer eine große Signalwirkung für ganz Lateinamerika."