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Lehrstuhl für Zell- und Molekularbiologie der Pflanzen, Prof. Dr. Thomas Schmidt
Tel.: +49 351 463-3958

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Ein Stammbaum von Birte, Laura und Salome
Martin Morgenstern

Durch moderne molekularbiologische Analyseverfahren wird die Züchtung neuer Kartoffelsorten vereinfacht.

© H.Goehler; Es gibt weit mehr als nur die drei Kartoffelsorten mehlig, festkochend und vorwiegend festkochend.
© H.Goehler; Es gibt weit mehr als nur die drei Kartoffelsorten mehlig, festkochend und vorwiegend festkochend.
Ein Wissenschaftlerteam um Thomas Schmidt, seit 2003 Inhaber des Lehrstuhls für Zell- und Molekularbiologie der Pflanzen an der TU Dresden (TUD), arbeitet hierfür im Verbundprojekt „Retrokartoffel" mit, das die Entwicklung molekularer Werkzeuge für Züchtung, Sortenidentifizierung und Genbankerhaltung von Kartoffeln zum Ziel hat.

Birte, Laura oder Salome – ein Kenner, wer sie auseinanderschmeckt. Von der Wildform bis zu hochentwickelten Kultursorten reicht das Spektrum der Kartoffel heute; tausende Varianten lassen sich nur genetisch unterscheiden. Dennoch werden aus den bekannten „Eltern" jedes Jahr neue, leistungsfähige Kartoffelsorten gezüchtet. Ein langer Prozess ist das: Von der ersten zielgerichteten Kreuzung bis zur Markteinführung vergehen nicht selten mehr als 14 Jahre.

Um die verwandtschaftlichen Beziehungen zwischen verschiedenen Kartoffelsorten bestimmen zu können, identifizieren Molekularbiologen der TUD bestimmte genetische Marker, sogenannte SINEs (Short Interspersed Nuclear Elements), in der Kartoffel-DNA. SINEs sind wenige hundert Basenpaare lang; einmal in das Kartoffel-Genom integriert, verbleiben sie bei Sortenkreuzungen meist an ihrem Ort. So können die Forscher einen „Kartoffelstammbaum" konstruieren.

SINEs – robuste Marker für die Genomanalyse

„Wenn Sie Ihre Kartoffeln immer im Supermarkt kaufen, kennen Sie vermutlich nur drei Sorten: mehlig, festkochend und vorwiegend festkochend", bemerkt Thomas Schmidt trocken. Das Team um den Dresdner Professor für Zell- und Molekularbiologie der Pflanzen möchte dafür sorgen, dass das wieder anders wird. Mithilfe der SINEs identifizieren und überprüfen sie – in einem Verbundprojekt mit dem Leibniz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung Gatersleben (IPK) – die Sortenechtheiten und Sortenreinheiten von „Möwe", „Kiebitz" oder „Pirol", aber auch von weniger bekannten, südamerikanischen Knollen. „SINEs helfen der Kartoffel-Genbanksammlung dabei, herauszufinden, ob hinter verschiedenen Namen vielleicht dieselbe genetische Sorte steckt", sagt Schmidt, „oder ob sich vielleicht sogar hinter einem eingebürgerten Sortennamen verschiedene Züchtungen verbergen." Durch ein an der TUD entwickeltes Verfahren können SINEs der Kartoffel optimal charakterisiert und ihre biologische Vielfalt genauer beschrieben werden – nicht zuletzt eine Verbesserung, die dem Verbraucherschutz zugutekommt.

Die im Genom gespeicherte Information bestimmt auch größtenteils die Eigenschaften der Kartoffel. Deshalb sind die Erkenntnisse der Dresdner so wichtig für die Züchter. Für den Industriepartner des vom BMBF mit mehr als 500.000 Euro unterstützten Projektes, die NORIKA GmbH, wird der Züchtungsprozess auf diese Weise übersichtlicher. Die universitäre Grundlagenforschung hilft den Kartoffelzüchtern, genetische Zusammenhänge zu verstehen und zu nutzen und so zielgerichtet neue Sorten zu entwickeln. Sie durchsuchen die Gene der Kartoffel auf Resistenzen, prüfen die ackerbaulichen Merkmale von Sorten und kreuzen sie, um neue verbesserte Kombinationen der Qualitätseigenschaften zu erhalten.