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Institutionen und Vereine

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Deutsch-italienischer Austausch
Dagmar Möbius

Das Italien-Zentrum an der TU Dresden ist das jüngste von fünf Italien-Zentren in Deutschland. Die anderen sind in Berlin, Bonn, Heidelberg und Stuttgart zu finden. Im fünften Jahr seines Bestehens erfreut es sich wachsender Beliebtheit. Über Italien informieren und Menschen zusammenbringen, sind nur einige seiner Ziele.

© Logo des Italien-Zentrums
© Logo des Italien-Zentrums
Was können Deutsche von Italienern lernen? Die Frage ist Prof. Maria Lieber viel zu allgemein. Denn Italien – das ist Kultur. Das ist Wirtschaft. Das ist Wissenschaft. Alles zu verbinden und Menschen in den Dialog zu bringen, hat sie sich mit ihrem kleinen Team vorgenommen. Seit Juni 2007 ist Maria Lieber, die seit 1993 an der Fakultät Sprach, Literatur- und Kulturwissenschaften der TU Dresden (TUD) lehrt und arbeitet, Geschäftsführende Direktorin des Italien-Zentrums. Für die Romanistin und Sprachwissenschaftlerin ist das „Stiefel-Land" Vorliebe und Spezialität. "Schon mein halbes Leben habe ich mit Italien und Italienern zu tun", lacht sie.

Im Italien-Zentrum, das sich als interdisziplinäres Kompetenzzentrum versteht, wird alles koordiniert, was dazu beiträgt, italienische Sprache und Kultur kennenzulernen und zu verbreiten. Von Dantes „Göttlicher Komödie", die seit Herbst 2009 einmal monatlich im Dresdner Kathedralforum gelesen und interpretiert wird, über Opernabende bis zu studentischen Tandem-Veranstaltungen und Theater-Aufführungen reicht das Spektrum.

Jedes Semester wird ein umfangreiches Programm angeboten, das dank zahlreicher Kooperationen und Sponsoren für jeden Geschmack etwas bietet. In diesem Jahr steht die Thematik „150 Jahre italienische Einigung" im Mittelpunkt. Auch die interdisziplinäre Summer School, die im September zahlreiche internationale Italien-Spezialisten nach Dresden führte, debattierte vor diesem Hintergrund aktuelle Forschungsfragen zur nationalen Identität und staatlichen Institutionalisierung in Deutschland und Italien. Der Sonderforschungsbereich 804 Transzendenz und Gemeinsinn der TUD untersucht hierzu beispielsweise, wie sich politische Ordnungen und Gemeinschaften begründen und stabilisieren.

© Prof. Maria Lieber, Geschäftsführende Direktorin des Italien-Zentrums
© Prof. Maria Lieber, Geschäftsführende Direktorin des Italien-Zentrums
„Wir möchten ein Forum des Dialogs für alle Wissenschaftler sein", sagt Prof. Maria Lieber. Nicht nur für Geisteswissenschaftler. Weil sie seit vielen Jahren beobachtet, dass vor allem Forscher allein arbeiten, treibt sie der Gedanke um, wie man es schafft, auf wirtschaftlicher, kultureller und wissenschaftlicher Ebene miteinander zu arbeiten. „Das ergibt sich", hofft die 55-jährige gebürtige Emsländerin. Dabei liegt bereits eine neue Idee auf dem Tisch. Unterstützt von der Italienischen Botschaft und dem Italienischen Kulturinstitut Berlin ist ein neues Networking für die mitteldeutsche Landschaft geplant. Eine Art Tandem, bei dem man miteinander und lebenslang voneinander lernen kann. Gespräche dazu laufen.

Profitieren werden davon sicher nicht nur Wissenschaftler. Denn die Forschungsthemen sind so vielfältig wie das Leben. Sprachkultur im Zeitalter der Renaissance, Minderheitensprachen oder die italienische Sprache am Hof Sachsens. Wissenschaftsgeschichte oder Sportsprache in der Romania.

„Dadurch qualifizieren wir uns", ist Maria Lieber überzeugt. Sie freut sich, dass das Italien-Zentrum an einem neuen, großen Projekt mit zwölf europäischen Universitäten beteiligt ist, das sich mit der Barockzeit, konkret mit Pöppelmann und den Gärten seiner Zeit befassen wird.

Um auf die Eingangsfrage zurückzukommen: Die Sicht von Italienern und Deutschen auf Dinge und Probleme unterscheidet sich mitunter deutlich. „Entweder man stellt das gegenüber oder man lernt etwas voneinander", meint die Italien-Spezialistin. Pünktlich versus unpünktlich? Eine andere Problemhaltung könne viel auf dem Sektor Interkulturalität bewirken. Ohne Vorurteile zu vertiefen, könnten auch Italiener viel von Deutschen lernen. Und umgekehrt.

Das Interesse am Land des „Dolce Vita" steigt jedenfalls stetig. Momentan sind einige Hundert Italianistik-Studenten an der TUD eingeschrieben.