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Paul Zschörner und die Stiftungsgeschichte der TU Dresden
Steffi Eckold

Als Paul Zschörner 1853 in Meißen auf die Welt kam, war die Stiftungsgeschichte der heutigen TU Dresden (TUD) bereits zehn Jahre alt. Mit ihr verwoben blieb der spätere Fabrikdirektor bis weit nach seinem Tod.

Foto: Archiv; Paul Zschörner um 1900
Foto: Archiv; Paul Zschörner um 1900
Ernst Paul Zschörner, wie sein voller Name lautete, wuchs in Meißen auf. Zum Studium kam er nach Dresden und schrieb sich am Polytechnikum, einer Vorgängereinrichtung der TUD, ein.

Während seines Studiums an der Mechanischen Abteilung zeigte er beste Leistungen. Als Ingenieur verließ er 1876 die Hochschule und erhielt zur Belobigung ein Stipendium des Reisestipendien-Fonds – finanziert durch Stifter und Geldgeber des Polytechnikums.

Dieser Fonds war im Geburtsjahr Zschörners 1853 ins Leben gerufen worden. Direktor Julius Ambrosius Hülsse hatte das 25-jährige Bestehen der Technischen Bildungsanstalt als Anlass der Fondsgründung gewählt, wie auch später immer wieder Jubiläen oder bedeutende Neubauten der Hochschule zu vermehrten Stiftungsgründungen führten.

Der Reisestipendien-Fonds nahm teilweise auch die erste bedeutende Stiftung in sich auf, die die Technische Bildungsanstalt je erhalten hatte: Die Lindenau-Stiftung von 1843.

Zu dieser Zeit hatte der sächsische Minister Bernhard von Lindenau verfügt, dass ein Teil seiner Pension zukünftig ausgezeichneten Absolventen der Technischen Bildungsanstalt zugute kommen sollte, die sich im Maschinen- und Eisenbahnbau weiterbilden wollten. Zwei Jahre lang konnten Absolventen durch die Lindenau-Stiftung auf Reisen finanziell gefördert werden – ganz nach dem Motto „Reisen bildet".

Paul Zschörner reiste gern. In seinem Testament hinterließ er zahlreiche Souvenirs „meiner Reise um die Welt" dem Stadtmuseum Meißen. Exponate aus Indien sind darunter und welche aus Japan und China. Sie werden als „Zschörner-Sammlung" im Museum aufbewahrt und gelegentlich ausgestellt. Schon nach dem Studium hielt es Zschörner nicht lange in Dresden. Mithilfe des Reisestipendiums konnte er sich beruflich spezialisieren – Wolle war das kostbare Material der Stunde. Er ging nach Hannover, wo er als leitender Angestellter der Dührener Woll-Kämmerei arbeitete.

Sein guter Ruf im Wollgeschäft reichte bis nach Bremen. Als dort 1883 Kaufleute den Bau einer Woll-Kämmerei planten, holten sie ihn für die Umsetzung ihrer Pläne. Der erfahrene Ingenieur plante in gigantischen Dimensionen. Auf 500.000 Quadratmetern und damit der Fläche des Vatikanstaats ließ er im damals preußischen Blumenthal – heute ein Teil von Bremen – die größte Woll-Kämmerei Deutschlands errichten. Zschörner wird der technische Leiter der Bremer Woll-Kämmerei, die 1884 ihren Betrieb aufnahm. Die Fabrik wuchs rapide. Beschäftigte sie 1884 noch 150 Mitarbeiter, war deren Zahl 1896 bereits auf 2000 angestiegen. Weltweit war die Woll-Kämmerei lange Zeit das größte Unternehmen ihrer Art.

Paul Zschörner dachte auch während der Zeit in Blumenthal an seine Ausbildungsstätte in Dresden: Im Jahr 1899 stiftete er seiner Alma Mater als Ausdruck seiner Dankbarkeit 10.000 Mark, deren Zinsen für Stipendien genutzt werden sollten. Zu Lebzeiten wollte er jedoch als Geldgeber ungenannt bleiben und so wurden bedürftige, aber fleißige Studenten durch die „P-Stiftung" gefördert.

Zschörner blieb der Bremer Woll-Kämmerei bis Ende 1903 treu, als er aus gesundheitlichen Gründen aus dem Werk ausscheiden musste. Bremen ehrt ihn noch heute durch die nach ihm benannten „Zschörnerstraße". Der ewige Junggeselle setzte sich in Dresden zur Ruhe. Paul Zschörner verstarb im September 1911 in Dresden. Von Architekt Paul Hahn haben sich in der SLUB/Deutschen Fotothek zwei Entwürfe für ein pompöses Grabmal Zschörners erhalten.

In seinem Testament hinterließ Zschörner seiner Hochschule weitere 5.000 Mark für bedürftige Studenten, die nun auch den Namen ihres Wohltäters erfuhren: Ab dem Studienjahr 1912/1913 erhielten sie finanzielle Hilfe durch die nach dem Absolventen benannte Paul-Zschörner-Stiftung, die als historische und heute erloschene Stiftung Teil der Universitätsgeschichte geworden ist.