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Christina Schulz
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Praxis und Weiterbildung

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Mentoring: Von Theorie zur Praxis
Steffi Eckold

Schon Odysseus wusste seinen Freund Mentor zu schätzen, kümmerte dieser sich doch beratend um seinen Sohn Telemach, während der Vater im Rahmen der Odyssee zehn Jahre irrfuhr. Mit dem mythologischen Mentor hat das moderne Mentoring gemein, dass erfahrene Personen, die sicher im Berufsleben angekommen sind, für Studenten als Berater zur Verfügung stehen. Mentor und Mentee bilden ein Team, der Berufseinstieg wird erleichtert – an der TU Dresden seit 2009.

Kontakt-online befragte Christina Schulz, Koordinatorin des Mentoring-Programms der TU Dresden:


Wie ist das Mentoring-Programm entstanden?
Der Vorläufer des Mentoring-Programms war das Förderprogramm „ELItenförderung SAchsen – Frauen in Naturwissenschaften, Technik und Medizin“ (ELISA). ELISA wurde 2004 von den TUD-Professoren Petra Kemter-Hofmann und Stefan Schulz-Hardt an der Fachrichtung Psychologie ins Leben gerufen und war ein Verbundprojekt von sechs sächsischen Hochschulen und Universitäten. Das Programm förderte Studentinnen der Natur- und Ingenieurswissenschaften. In der gesamten Laufzeit wurden in acht Programmdurchläufen knapp 160 sächsische Studentinnen gefördert, davon 60 der TU Dresden. Das heutige Mentoring-Programm schloss 2009 daran an, wobei nun alle Fachrichtungen gefördert werden können.

Wie läuft ein Mentoring ab und wie lange geht eine Mentor-Zusammenarbeit?
Nachdem wir die Teilnehmer ausgewählt haben, werden sie in einem Workshop auf die Programmteilnahme vorbereitet. Hier definieren die Teilnehmer unter anderem ihre persönlichen Mentoring-Ziele. Im Anschluss startet der sogenannte „Matching-Prozess“: Unterstützt von der Programmkoordinatorin wählen die Studenten einen passenden Mentor aus. In einem nachfolgenden begleiteten Kennenlerngespräch wird sichergestellt, dass Mentee und Mentor fachlich und auch menschlich zusammenpassen. Von da an läuft das Tandem von uns eher unabhängig und der Student vereinbart selbstständig Termine und Themen mit dem Mentor. Das Mentoring erstreckt sich über eine Phase von einem Jahr. Dieser Zeitraum ist notwendig, damit Mentor und Mentee eine vertrauensvolle Beziehung aufbauen können. Wir empfehlen den Tandems, sich einmal monatlich zu treffen.

Wie viele Mentoren gibt es im Projekt und wie kamen diese zum Projekt?
Inzwischen gehören mehr als 160 Mentoren in über 100 sächsischen Institutionen zum Netzwerk des Mentoring-Programms. Unter ihnen befinden sich auch viele Absolventen der TU Dresden, die – auch wenn der Abschluss natürlich bei Führungskräften zum Teil etwas weiter zurückliegt – gern einem Studierenden ihrer ehemaligen „Alma Mater“ zur Seite stehen. Spannend ist für viele dieser Mentoren zum Beispiel auch, wie sich die Studieninhalte und -strukturen an der TUD seit ihrem Studienabschluss verändert haben. Neben den zahlreichen direkt für die studentischen Teilnehmer gewonnenen Mentoren kommen mittlerweile auch zahlreiche Personen bzw. Institutionen aus eigener Initiative auf uns zu, um sich als Mentor für das Programm zur Verfügung zu stellen. Dies ist für uns natürlich eine sehr erfreuliche Entwicklung und ein Zeichen dafür, dass das Programm auch nach außen hin einen sichtbaren Erfolg hat.

© privat; TUD-Maschinenbaustudent Sirko Bartholomay (l.) mit seinem Mentor Mathias Hillmann, Projektleiter der cp.max Rotortechnik GmbH & Co.KG, gemeinsam auf einem Windrad.
© privat; TUD-Maschinenbaustudent Sirko Bartholomay (l.) mit seinem Mentor Mathias Hillmann, Projektleiter der cp.max Rotortechnik GmbH & Co.KG, gemeinsam auf einem Windrad.
Wie viele Mentoring-Partnerschaften gab es seit Beginn?
Innerhalb des Mentoring-Programms konnten – in den acht durchgeführten, dem neunten laufenden und dem kommenden zehnten Kurs – bislang mehr als 170 Mentoring-Tandems zwischen Mentees und Mentoren verknüpft werden.

Wie viele Studenten bewerben sich durchschnittlich als Mentees und wer ist die Zielgruppe?
Pro Semester interessierten sich etwa 120 bis 160 Studenten für eine Teilnahme am Programm. Grundsätzlich können sich alle Studenten und Promovenden, die sich zwei bis vier Semester vor dem Studien- bzw. Promotionsabschluss befinden, für eine Programmteilnahme bewerben. Frauen und Männer werden gleichermaßen angesprochen. Die Teilnahme ist für alle Studentengruppen, also auch internationale Studenten, offen. Erfreulich ist, dass wir aus allen 14 Fakultäten der TU Dresden Bewerbungen erhalten. Die gesamte Bewerberstatistik des aktuellen Kurses ist auf unserer Website einsehbar.

Ist das Mentoring-Programm TUD-spezifisch oder ist das ein Programm, das so auch an anderen Universitäten angeboten wird?
Mittlerweile gibt es natürlich zahlreiche Mentoring-Programme an deutschen Hochschulen und Universitäten. Seit den 1990er-Jahren wurde Mentoring im Rahmen der Frauenförderung in Deutschland sukzessive in Unternehmen und im Hochschulbereich eingeführt. Im Austausch über den Forum Mentoring e.V. wurde aber deutlich, dass der von uns entwickelte mehrstufige Auswahl-Prozess und die Begleitung des Kennenlerngespräches ein Modell ist, das unser Programm auszeichnet und einen besonderen Erfolgsfaktor darstellt.

Wie sind die Rückmeldungen von Mentoren und Mentees zum Programm?
Sehr positiv, sowohl von Mentees als auch von Mentoren. Die Studenten heben in Evaluationsbögen vor allem hervor, dass sie sich persönlich weiterbilden konnten, deutliche Fortschritte in der Karriereplanung gemacht haben und berufliche Perspektiven entwickelt haben. Auch das „Erlernen von Umgangsformen für den Berufsalltag“ wird sehr häufig genannt. Die Mentoren, die freiwillig und unentgeltlich am Programm teilnehmen, sehen es als Chance, ihre eigene Karriere zu reflektieren. Außerdem steht hinter der Teilnahme oft der Wunsch, junge Menschen zu unterstützen und „etwas zurückzugeben“. Viele hätten sich in der Übergangsphase vom Studium in das Berufsleben solch ein Programm gewünscht. Etwa die Hälfte der Tandems pflegt nach dem offiziellen Ende der Mentoring-Beziehung übrigens weiterhin freundschaftlichen Kontakt.

Wie finanziert sich das Programm und wie sieht die Zukunft des Projektes aus?
Vom Wintersemester 2009/10 bis zum Sommersemester 2014 wurde das Programm durch den Europäischen Sozialfonds und den Freistaat Sachsen gefördert. Seit Oktober 2014 liegt die Förderung in den Händen der TU Dresden. Wir hoffen sehr, dass wir auch weiterhin vielen motivierten Studierenden diese Möglichkeit der individuellen Förderung durch Mentoring ermöglichen können.

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