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TU Dresden,  Stabsstelle Kommunikation und Corporate Identity
Katharina Leiberg
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1000 Kinder und ein Prof
Susann Mayer

Fotos (3): Doreen Liesch
Fotos (3): Doreen Liesch
Das „Wieso – Weshalb – Warum?“ steht im Mittelpunkt der Vorlesungen der Kinder-Universität, deren Plätze immer wieder im Nu vergeben sind. Ein Gespräch mit der Projektverantwortlichen beleuchtet Entstehung und Anliegen.


Es ist Dienstag 16.45 Uhr und die ersten der acht- bis zwölfjährigen Studenten stehen schon erwartungsfroh im Hörsaalzentrum der TU Dresden (TUD), um sich einen Stempel auf ihrem Studentenausweis abzuholen. Der verschafft ihnen den begehrten Eintritt in das Audimax mit seinen etwa 1000 Plätzen, um sich Antworten auf eine der unzähligen „W-Fragen“ zu holen.

  • Was können uns Bäume erzählen?
  • Wozu brauchen wir die Polizei?
  • Wer darf was in der Politik entscheiden?
  • Warum sind Kristalle ordentlicher als Kinderzimmer?
Diese Fragezeit ist Dresdens KinderUni-Zeit. Und 2014 war ein Jubiläumsjahr, denn genau vor zehn
Jahren startete die erste Vorlesung mit der Frage „Warum wird nicht jeder Millionär?“, die der damalige sächsische Ministerpräsident Georg Milbradt zu beantworten versuchte. Doch oft sind es Professorinnen und Professoren der TUD, die pro Semester fünf Vorlesungen in diesem voll besetzten Hörsaal halten – für die meisten von ihnen ist dies weitaus anspruchsvoller als vor den „erwachsenen“ Studenten. „Kindern verständlich zu erklären, wie Sonnenstrom aus der Wüste gewonnen werden kann, war für mich die schwerste Vorlesung überhaupt“, so TUD-Rektor Prof. Müller Steinhagen.

Nicht nur aus Dresden kommen die wissbegierigen Kinder – sie reisen mitunter aus der ländlichen Umgebung an, um zu Beginn, gegen 17.30 Uhr, von Frank Schmidt zu hören, dass in der Uni nicht geklatscht, sondern geklopft wird. Seit 2013 führt der Mitarbeiter durch die KinderUni-Vorlesungen. Das Besondere ist an der KinderUni auch, dass ins Audimax explizit nur die jungen Studenten hereingelassen werden. Eltern, Großeltern und Geschwister können die Vorlesung über eine Videoleinwand in einem zweiten Hörsaal miterleben.

„Kontakt-online“ befragte die Projektverantwortliche Katharina Leiberg, die in der TUD-Stabsstelle Kommunikation und Corporate Identity arbeitet, zu Details.

Frau Leiberg, warum und wie genau ist die Kinder-Universität entstanden?

Es war vor zehn Jahren eine gute Idee, dieses Projekt gemeinsam mit dem Deutschen Hygiene-Museum (DHM) anzugehen. Die Sächsische Zeitung war damals noch mit unser Gründungspartner und hat viele Jahre die KinderUni Dresden pressemäßig und inhaltlich begleitet. Heute tragen das DHM und die TUD dieses Projekt gemeinsam. Wir sind gleichberechtigte Partner und dieses Zusammengehen zweier so großer Partner ist ein Alleinstellungsmerkmal unter den Deutschen KinderUnis. Durch das Anbieten verschiedener Veranstaltungsstätten können wir den Kindern und ihren Eltern neben dem Vorlesungsangebot auch den Besuch im Kinder-Museum und in der jeweils aktuellen Ausstellung ermöglichen.

Was sind Ihre Ziele?
Unser Ziel ist es, die Kinder für die Wissenschaft zu begeistern und dafür, dass sie wach durchs Leben gehen, interessante Dinge bemerken und nach Erklärungen suchen. Mit der Verknüpfung von emotionalem Erleben und Wissensvermittlung an einem Ort, der anders als Schule ist, werden die Kinder viele der in den Vorlesungen aufgezeigten Zusammenhänge viel stärker in ihrem Gedächtnis behalten – eine wesentliche Voraussetzung, um Talente herauszubilden. Ein weiterer Aspekt ist, die Wissenschaft aus ihrem Elfenbeinturm herauszuholen und in den Kindern das Bewusstsein zu wecken, dass auch sie eine wissenschaftliche Laufbahn einschlagen und engagierte Wissenschaftlerinnen oder Wissenschaftler werden können.

Inwiefern ist Chancengleichheit auch ein Anliegen der Kinder-Universität?
Es ist uns in den zurückliegenden Jahren immer mehr bewusst geworden, dass dieses exquisite Bildungsangebot eigentlich auch, wenn nicht sogar bevorzugt, Kindern aus sozial schwachen Schichten und Kindern mit Migrationshintergrund angeboten werden sollte. Und so haben wir Kontakt mit den Schulsozialarbeitern in den Schulen Dresdens aufgenommen und bieten ihnen die Möglichkeit, Schülerinnen und Schüler aus besagten Gruppen vor dem offiziellen Anmeldetermin bei uns registrieren zu lassen. Das ist noch ein ganz kleines Pflänzchen und wir würden uns sehr freuen, wenn das noch mehr angenommen würde. Es ist eben ein Unterschied, ob man Eltern hat, die umsichtig für Ihre Kinder nach alternativen Bildungsangeboten Ausschau halten, oder ob man ohne Anregungen seine Kindheit verlebt.

Welche Themen liefen am besten?
Unsere Themen waren eigentlich alle sehr interessant. Entscheidend ist da einfach, wie gut die Professorin oder der Professor die Inhalte rüberbringen. Kinder lassen sich ja sehr gut fesseln, wenn die Präsentation gut ist. Sie sind noch so offen und neugierig – und genau darauf bauen wir ja. Aber wenn Sie mich nach einem Highlight fragen, dann war gewiss die Vorlesung „Warum brauchen Opernsänger kein Mikrofon?“ in der Semperoper von sehr hoher Attraktivität, weil wir hier mit gleich zwei Vortragenden Kunst und Wissenschaft vor traumhafter Kulisse verknüpfen konnten. Hier hatten wir dieses perfekte Zusammenspiel von Emotion und Wissensvermittlung, was ja ein hoher Garant dafür ist, dass man sich die Dinge dann auch viel besser merkt. Es war allerdings auch ein organisatorisch sehr aufwendiger Kraftakt für das ganze Organisationsteam der Kinder-Universität. 

Kommen mehr Jungs oder Mädchen?
Also da muss ich wirklich sagen: Das hält sich die Waage. Wichtig ist uns als Team, dass wir in jeder Vorlesungsstaffel den Kindern auch Professorinnen präsentieren, damit auch die Mädchen Identifikationsfiguren haben und sehen: Ich kann ja auch eine tolle Wissenschaftlerin, eine Professorin werden und nicht nur der Papa, nicht nur die Männer. So eine Wahrnehmung läuft ja unterbewusst ab und wir wollen sie bewusst machen. Der Anspruch ist nicht immer leicht zu realisieren, weil der Anteil unter der Professorenschaft eben immer noch sehr stark männlich geprägt ist.

Welche Rolle spielen Oma und Opa?
Es ist für uns immer sehr beeindruckend, wie sich die Großeltern für das Wohl ihrer Enkel Zeit nehmen, sie liebevoll bringen und einfach deren Bestes wollen. Naja und ein bisschen werden sie auch entlohnt für ihre Mühe, wenn ich das mal so sagen darf, denn sie bekommen ja in einem zweiten Vortragssaal die Vorlesungen über Videoleinwand geboten und das ist selbst für Erwachsene in den allermeisten Fällen eine spannende Angelegenheit.

Wie kommen die Vorlesungsthemen zustande? Wie waren die ersten Reaktionen der angefragten Professoren?
Wir haben vor geraumer Zeit mal eine Umfrage unter den Kindern gemacht, welche Themen von Interesse sind. Das ist im Wesentlichen unsere Arbeitsgrundlage. Die Themenauswahl hängt aber zu einem Großteil auch von den gerade im Hygiene-Museum laufenden Ausstellungen ab. Da kommt dann wieder dieser einzigartige Synergieeffekt unserer beiden Einrichtungen zum Tragen. 
Ich freue mich immer wieder, dass unsere Anfragen nahezu ausnahmslos positiv von den  Professorinnen und Professoren beantwortet werden. Aber sie haben höchsten Respekt, um nicht zu sagen eine gewisse Furcht vor dieser Aufgabe. Denn wenn es nicht prickelnd und spannend ist, werden schon mal Zöpfe bei der Nachbarin geflochten oder Gameboy gespielt oder geschwatzt.

Wie wird die KinderUni bekannt gemacht (in Schulen, über Medien), wie ist die Nachfrage und auf welchem Wege müssen sich die Kinder anmelden?
Wir müssen glücklicherweise nicht großartig Werbung machen. Unsere Anmeldetermine geben wir über die Presse bekannt. Der Rest ist Mund-zu-Mund-Propaganda. Schon nach wenigen Stunden ist die KinderUni ausgebucht.
Anmelden können sich die Kinder jeweils am ersten Montag nach den Sommer- bzw. Winterferien, und zwar via Internet oder Telefon: 0351 463-36656.

Anmeldestart für das Sommersemester 2015 ist am 23. Februar 2015 um 8 Uhr.

Das nächste Semester beginnt im Frühjahr 2015. Verraten Sie uns schon, welche Themen dazu gehören?
Verraten möchte ich nur ein paar Stichpunkte, mehr kann im nächsten Jahr auf der Website der KinderUni nachgelesen werden.

  • Physik auf dem Spielplatz
  • 3D-Druck
  • Umformtechnik
  • Humangenetik
  • Thema Freundschaft (begleitend zur Ausstellung im DHM über Freundschaft)
Und im Übrigen – wir freuen uns jederzeit über Empfehlungen zu kreativen Professoren, die sich (zu-)trauen, tausend Kindern ihr Fachgebiet vorzustellen!