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Absolventenporträts

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Politik ist mein Hobby
Rosa Hauch

© privat: Sabine Friedel - Persönliche Referentin des Dresdner OB Ingolf Rossberg
© privat: Sabine Friedel - Persönliche Referentin des Dresdner OB Ingolf Rossberg
„Ursprünglich wollte ich mal Physik studieren, doch dann habe ich mich doch für Politikwissenschaften entschieden. Warum Dresden? Das lag nahe, weil ich Dresden kenne, und hier geboren bin. Als ich 1993 Abitur gemacht habe, fehlte mir auch noch die Übersicht über die Angebote anderer Universitäten." Sabine Friedel, Jahrgang 74, arbeitet heute im Rathaus, 2. Etage, Zimmer 16. Der Tag beginnt meist zwischen 7.30 Uhr und 8 Uhr. „Montage sind immer heftig, nicht weil es eben der Montag ist, sondern weil er zur Hälfte aus Sitzungen und Beratungen besteht. Da kommst Du erst mittags zum Abarbeiten des Schreibtisches. Der große Stapel reicht dann schon mal bis Dienstag. Freitag ist ein guter Tag. Es stimmt wirklich, dass nach 14 Uhr die Anfragen nachlassen, die Telefone schweigen ihren Wochenendtraum und ich kann die Zeit nutzen, über dies und jenes nachzudenken."

Heute ist auch Freitag und ich bitte Sabine Friedel, über sich nachzudenken, über die Sinnhaftigkeit ihrer studentischen Mühen, Erfahrungen und Erlebnisse und über ihren Chef.

Die Arbeit
Ich sehe es als eine riesige Chance. Diese Arbeit ist sehr anspruchsvoll und verlangt den vollen Einsatz. Beim Bewerbungsgespräch wurde ich gefragt, ob ich mich überhaupt mit einer Verwaltung anfreunden könne, den Hierarchien, den Dienstwegen. Heute weiß ich, dass ich zum damaligen Zeitpunkt zwar viel Elan, aber wenig Ahnung hatte. Inzwischen hab ich gelernt, was eine Wiedervorlagemappe ist und wozu sie wirklich nützlich ist, ich studierte die amtseigene Sprache, Stempelregeln, Aktenpläne, Fristen und Dienstwege. Im Rathaus gibt es sieben Geschäftsbereiche und die Kommunikationswege können wahlweise lang und kompliziert sein. Was mir anfangs bürokratisch vorkam, erwies sich als sinnvoll und ich lernte zu differenzieren. Grundsätzlich bin ich dafür bestellt, des Oberbürgermeisters Termine zu koordinieren und zu organisieren. Dafür stehen mir sieben Mitarbeiter zur Seite. Zu ganz vielen Terminen begleite ich den OB. Er ist wahrlich ein Arbeitstier und so werden die Tage oft sehr lang. Jeden morgen gibt es eine Abstimmungsrunde mit dem Pressesprecher, dem Geschäftsbereichsleiter und dem Referenten für Grundsatzfragen. Mein Zimmer wird dann zum Kommunikationsknotenpunkt. Gemeinsam stimmen wir Tages- und Wochenplanung für den OB ab. Wie ich ihn beschreiben würde: bürgernah, engagiert und eigensinnig; seine Dresdner sind ihm sehr wichtig.

Der Weg
Mein beruflicher Werdegang ist untrennbar mit gesellschaftlichem Engagement und politischer Arbeit verbunden. Das hat schon im Studium begonnen. Ich habe im Fachschaftsrat und in der Öffentlichkeitsarbeit der TUD mitgearbeitet. So ist auch meine Studienzeit von 13 Semestern zu erklären. Seit drei Jahren bin ich Mitglied der SPD, Politik ist mein Hobby und auch fast alle Freunde habe ich durch dieses Engagement kennen gelernt. Den Kongress der Sozialdemokraten Europas mit vorbereiten zu dürfen, war ein wirklich wichtiger Moment in meinem Leben und dann kam der Wahlkampf, in Dresden für Ingolf Roßberg, in Berlin für Klaus Wowereit.

Der Tipp
Geht raus, Leute. Organisiert euch Praktikas und engagiert euch. Zum einen habe ich in dem einen Jahr in New York mehr als nur Englisch gelernt und zum anderen ist Sozialkompetenz und Kompromissfähigkeit nur in praxi erlernbar und aus meiner Sicht unverzichtbar. Wenn es mir gelingt, im SPD- Vorstand mit den Vertretern der älteren Semester nicht nur zu diskutieren, sondern auch junge Ideen durchzusetzen, ist das ein Gewinn für das Leben. Die Auseinandersetzung mit den Generationen ist dann richtig lebendig.

Die Vision
Ich stelle mir vor, später selbst aktiver noch als heute Politik zu machen. Verantwortung zu übernehmen und Dinge selbst zu machen, ist eine Vorstellung für mein weiteres Leben. Das letzte, was ich von Anfang an selbst in der Hand und zu verantworten hatte, war meine Magisterarbeit. Es juckt schon in den Fingern, mal wieder bei Habermas nachzulesen und sich so richtig in die Theorie zu vertiefen.

Das Studium
Als ich studierte, waren wir rund 70 Studenten pro Semester. Man kannte sich, hat sich zu den Seminaren getroffen, die Atmosphäre war sehr gut und vor allem, der Kanon des Grundstudiums ist ausgezeichnet. Die eigentlichen Inhalte nützen mir inzwischen wenig, aber ganz wichtig sind die Methoden. Geistige Beweglichkeit, analytisches Denken sind unabdingbar für meine Tätigkeit und das habe ich an der TU gelernt. Was mir allerdings völlig fehlte, waren verwaltungstechnische Kenntnisse. Vielleicht wäre es möglich, Kooperationsverträge mit Verwaltungsschulen abzuschließen, so dass sich Studenten, die auch einmal in die Kommunalverwaltung gehen wollen, sich langfristig als Gasthörer einschreiben dürften.