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Center for Advancing Electronics Dresden (cfaed)
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Center for Advancing Electronics Dresden (cfaed)

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Paralleles Rechnen mit biomolekularen Motoren
Matthias Hahndorf

Beim Exzellenzcluster cfaed (Center for Advancing Electronics Dresden) geht ein ereignisreiches Jahr zu Ende. Sowohl auf der wissenschaftlichen Ebene als auch im Bereich der weiteren Entwicklung des Forschungszentrums reihten sich 2016 die Highlights aneinander wie auf einer Perlenkette.

Doch bevor hier ein kleiner Einblick in diese Ereignisse gegeben wird, sollte zunächst wohl besser die Frage geklärt werden, was die Einrichtung mit dem sperrigen Namen überhaupt tut! Zu diesem Cluster für Mikroelektronikforschung gehören elf Forschungsinstitute, darunter neben der Sitzuniversität TU Dresden auch die Technische Universität Chemnitz sowie zwei Max-Planck-Institute, zwei Fraunhofer-Institute, zwei Leibniz-Institute und das Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf.

In neun verschiedenen Bereichen forschen hier rund 300 Wissenschaftler aus fast 30 Ländern an neuartigen Technologien für die elektronische Informationsverarbeitung. Der Grund für diesen Aufwand ist, dass unsere heutige Elektronik immer leistungsfähiger und immer mehr Bereiche des Alltags von ihr durchzogen werden – aber die zugrunde liegende Technologie basiert auf klassischen Siliziumchips, welche in wenigen Jahren an ihre physikalische Grenze der Leistungsfähigkeit stoßen werden. Dann würden sich wichtige Größen wie Datenübertragung, Speicherkapazität und Rechenleistung nicht mehr wesentlich steigern lassen. Deshalb sucht das cfaed nach Technologien, die den Siliziumchips zur Seite springen können oder sie teilweise auch ersetzen.

Die Wissenschaftler verwenden dabei innovative Materialien wie Silizium-Nanodrähte, Kohlenstoff-Nanoröhren oder Polymere. Außerdem entwickeln sie völlig neue Konzepte wie den chemischen Chip oder „selbstbauende“ Strukturen wie „Origami“ aus DNA. Biologische Kommunikationssysteme werden betrachtet, um Lösungen der Natur für die Technik zu nutzen. Der übergreifende Ansatz ist weltweit einzigartig, er vereint die erkenntnisgetriebenen Naturwissenschaften und die innovationsorientierten Ingenieurwissenschaften zu einer interdisziplinären Forschungsplattform in Sachsen.

In diesem Jahr gab es einen wichtigen wissenschaftlichen Durchbruch, der exemplarisch für die Denkweite steht, welche die cfaed-Wissenschaftler anwenden, um zu neuartigen Lösungen zu gelangen. Im Februar wurde eine bahnbrechende Studie über die Entwicklung eines Rechners veröffentlicht, welcher auf einer Kombination von Nanotechnologie mit biomolekularen Motoren basiert. Mit Hilfe von Protein-Filamenten, angetrieben durch Molekularmotoren, kann er parallele Rechenoperationen ausführen und sich so auf mathematische Probleme spezialisieren, die ein herkömmlicher Rechner nur schwer lösen kann. Letztere gehen nämlich linear vor, d.h. sie lösen einzelne Aufgaben nacheinander – die Berechnung kombinatorischer Probleme wie zum Beispiel Proteindesign und –faltung, optimierte Schaltkreise oder Routenplanung wird damit sehr schnell extrem zeitaufwendig.

© Till Korten; Parallelrechner mit biomolekularen Motoren: Schema einer "Verteilungskreuzung" - Protein-Filamente (rot), angetrieben von Molekularmotoren (grün), treffen an einer "Verteilungskreuzung" ein, wo sie eine Rechenoperation ausführen
© Till Korten; Parallelrechner mit biomolekularen Motoren: Schema einer "Verteilungskreuzung" - Protein-Filamente (rot), angetrieben von Molekularmotoren (grün), treffen an einer "Verteilungskreuzung" ein, wo sie eine Rechenoperation ausführen

Paralleles Rechnen hingegen kann solche Probleme gut lösen, allerdings führte noch keine der bislang entwickelten Methoden zur Anwendungsreife. Das Forscherteam verwendete nun etablierte Nano-Fertigungsmethoden und kombinierte sie mit der Verwendung von biomolekularen Motoren aus Zellen. Diese Motoren sind sehr energieeffizient und können hochparallel arbeiten. Anhand eines klassischen kombinatorischen Problems konnten sie ihren Versuchsaufbau testen und nachweisen, dass die Technologie tatsächlich in der Lage ist, das Problem mittels parallelem Rechnen zu lösen. Natürlich handelt es sich hier um Grundlagenforschung, die noch meilenweit von einer Alltagsanwendung entfernt ist, aber so haben schließlich alle unserer heutigen Techniken einmal angefangen. Das Beispiel zeigt sehr gut, mit welchem disziplinübergreifenden Fokus die cfaed-Wissenschaftler auf die Suche gehen, um neue Technologien für die Informationsverarbeitung zu erschließen.

Eine wichtige Aufgabe ist neben der Forschung, die Öffentlichkeit an diesen Ergebnissen teilhaben zu lassen. Das geht natürlich mit Texten wie dem, den Sie gerade lesen – es geht aber beispielsweise auch über Ausstellungen. Der Dresdner Institutsverbund DRESDEN-concept hatte im Sommer eine dreimonatige „Leistungsschau“ der hiesigen Wissenschaft auf dem Dresdner Neumarkt organisiert, und das cfaed war dort im Bereich der Mikroelektronik und Informationstechnologie natürlich prominent vertreten. Auf einer (von vier) riesigen Ausstellungswand wurden die Bereiche der DNA-Nanotechnologie und der energieeffizienten Hochleistungsrechner vorgestellt, welche zwei weitere Felder des Clusters ausmachen. Wer das verpasst hat, dem bietet sich diese Chance noch immer, wenn auch an anderer Stelle: Im Werner-Hartmann-Bau an der TU Dresden, Nöthnitzer Str. 66, lässt sich im 1. Stock diese informative Übersicht inklusive spielerischer Elemente weiterhin nutzen!

Der Werner-Hartmann-Bau ist einer von sehr vielen Standorten, über die die cfaed-Wissenschaftler derzeit noch verteilt sind. Das Ziel ist, möglichst viele der Forscher unter einem gemeinsamen Dach zu versammeln. Auf dem Weg dahin hat das laufende Jahr auch einen entscheidenden Meilenstein mit sich gebracht: Im Oktober konnte Richtfest am Institutsneubau gefeiert werden, der als neuer Flügel des altehrwürdigen Barkhausen-Baus an der Georg-Schumann-Straße entsteht. Hier liegt die Keimzelle der Dresdner Mikroelektronikforschung, und so ist es nur folgerichtig, dass der Exzellenzcluster hier seinen Stammsitz finden wird. Wer einen Einblick in die vergangenen 1,5 Jahre Bautätigkeit bekommen möchte, kann dies mit diesem kleinen Zeitrafferfilm innerhalb von zwei Minuten sehr zeitsparend tun.

Und wenn Sie den Weg auf die Videoplattform schon einmal gefunden haben, dann können Sie ganz zum Schluss noch eine weitere Aktivität des Clusters kennenlernen: Seit 2015 ist das cfaed Veranstalter der „Dresden Microelectronics Academy“, einer internationalen Sommerschule, die es bereits seit 1999 gibt. Während der diesjährigen Ausgabe im September entstand nun ein professioneller Videotrailer, der einerseits zukünftige Teilnehmer nach Dresden locken soll, und andererseits Sponsoren Lust machen, sich finanziell in dieses positive Projekt einzubringen.

 
© Archiv cfaed; cfaed-Forschungsgruppenleiter Dr. Meik Dörpinghaus bei einer öffentlichen Führung durch die Open-Air-Wissenschaftsausstellung von DRESDEN-concept auf dem Dresdner Neumarkt
© Archiv cfaed; cfaed-Forschungsgruppenleiter Dr. Meik Dörpinghaus bei einer öffentlichen Führung durch die Open-Air-Wissenschaftsausstellung von DRESDEN-concept auf dem Dresdner Neumarkt