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TU Dresden, Zentrum für Weiterbildung
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Weiterbildung

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Das lebenslange Lernen lernen
Reinhard Seurig

Im Herbst fand in Dresden die Jahrestagung 2003 der „Arbeitsgemeinschaft Universitäre Erwachsenenbildung e.V." (AUE) statt. Gastgeber war das Zentrum für Weiterbildung der Technischen Universität Dresden gemeinsam mit der Hochschule für Technik und Wirtschaft Dresden.

Die Arbeitsgemeinschaft existiert bereits seit 1969 und hat heute etwa 140 Personen und fast 120 Institutionen als Mitglieder. In der abschließenden Mitliederversammlung wurde die Umbenennung in „Deutsche Gesellschaft für wissenschaftliche Weiterbildung" beschlossen. Bereits in den Eröffnungsreferaten zeigte sich zwar weitgehende Übereinstimmung in der Problembeschreibung, in den Lösungsansätzen jedoch waren die Vorstellungen recht kontrovers.

Foto: TUD-Zentrum für Weiterbildung; Tagungsatmosphäre
Foto: TUD-Zentrum für Weiterbildung; Tagungsatmosphäre
Bei der Beurteilung der Qualität des Bildungsstandortes Deutschland im universitären Bereich gab es nur wenige Komplimente zu hören. Prof. Kurt Biedenkopf beschrieb die wesentlichen Herausforderungen in drei Schwerpunkten. So werden einerseits die demografischen Entwicklungen, zweitens die exponentielle Vermehrung des Spezialwissens und drittens die Europäisierung der Bildungslandschaft völlig neue Anforderungen an wissenschaftliche Bildungseinrichtungen stellen. Besonderes Entwicklungspotential entstehe jeweils an den Schnittstellen unterschiedlicher Spezialgebiete, meint Prof. Biedenkopf. „Mit zunehmender Spezialisierung wird es immer wichtiger, Erkenntnisse aus unterschiedlichen Fachgebieten zusammen zu führen, ganzheitliches Denken zu entwickeln und so neue Erkenntnisse zu gewinnen. Wir müssen lernen in Zusammenhängen und Ordnungen zu denken, um der wachsenden Komplexität, in der wir leben, auch weiterhin gerecht werden zu können."

Eine entscheidende Rolle dabei spielt die Bereitschaft zum lebenslangen Lernen. Ein erfolgreich abgeschlossenes Erststudium genügt heute nicht mehr den Anforderungen, die an wissenschaftliche Mitarbeiter aller Couleur gerichtet werden. Dabei gerät auch zunehmend die in Deutschland übliche Studienpraxis in die Kritik. Nach vergleichsweise langer Studienzeit haben Absolventen deutscher Universitäten zwar ein theoretisch hochwertiges Papier in der Tasche, jedoch kaum Erfahrung im praktischen Wirtschafts- oder Forschungsgeschehen. Der alternative Weg, nach einem relativ flotten Bachelor-Abschluss einige „Semester" Praxis zu studieren, um dann erst den „Master" zu erwerben, erweist sich als durchaus sinnvoll. Nur – auf diesem Wege kämen auch auf die Professoren und Dozenten einige Turbulenzen zu. Ein gestandener Praktiker könnte gelegentlich ein schwieriger Diskussionspartner sein. Zudem sind die meisten realen Probleme interdisziplinär, was Spezialisten dann doch gelegentlich erschreckt. Eine weitere Schwierigkeit entsteht, wenn ein Mitarbeiter sich zur Weiterbildung anmelden will. Deutsches Arbeitsrecht und deutsche Gepflogenheiten lassen da nicht allzu viel Spielraum. In der Regel liegen die Freistellungskosten für Bildungsmaßnahmen höher als deren Durchführungskosten. In anderen Ländern wird ständige Weiterbildung geradezu gefordert und mit Teilzeit- oder Rotationsmodellen gefördert. Auch der Umstand, dass Wissen einen Wert darstellt und damit Geld kostet, ist anderwärts längst akzeptiert.

So zeichnen sich in vielen Bereichen Folgeerscheinungen ab, die mit dem Wachstum des „Lebenslangen Lernens" – also der Weiterbildung ehemaliger Absolventen – weiteren Reformdruck erfahren. Sei es die Hochschulfinanzierung, sei es die Entstehung privater Universitäten, seien es Veränderungen in der Arbeitszeitstruktur oder auch nur mentale Veränderungen in Unternehmensleitungen, der Druck wächst.

„Hochschulen sind schwere Tanker. Ihre Entwicklungsresistenz ist beachtlich. Es gibt eine große Kluft zwischen dem, was nötig wäre und den momentanen Möglichkeiten." Prof. Peter Faulstich weiß als Vorsitzender des Vereines AUE, wovon er redet. "Das, was in der Industrie als Personalentwicklung seit Jahren praktiziert wird, ist an vielen Hochschulen noch weitgehend unbekannt. Die Tagung hat gezeigt, dass die wissenschaftliche Weiterbildung an Bedeutung gewinnt, gleichzeitig aber in ein neues Spannungsfeld zwischen Wirtschaftlichkeit und Wissenschaftlichkeit gerät. Marketing, Management und Organisation sind Stichwörter, die einen verbalen Umbau signalisieren.
Es kommt also darauf an, das besondere Profil der Weiterbildungsangebote der Hochschulen zu schärfen. Diese sind abhängig vom Geld, aber sie haben immer auch Bezüge zu wissenschaftlicher Wahrheitssuche und Forschung."