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Verein Schulmuseum Dresden e.V.
Prof. Dr. Hartmut Voit
Tel.: 0351 463 35818
Dr. Sonja Koch
Tel.: 0351 46335817

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sonja.koch@mailbox.tu-dresden.de

Institutionen und Vereine

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Dresden bekommt ein Schulmuseum
Reinhard Seurig

© H.Goehler: Museale Schule
© H.Goehler: Museale Schule
Bereits zum Ende des 19. Jahrhunderts entstand in Dresden die Idee eines Schulmuseums. Im ersten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts wurden dann sogar drei gegründet. Dresden war damals die „schulmuseumsreichste Stadt Deutschlands". Das ist nicht weiter verwunderlich.

Die Zeit der Jahrhundertwende war gezeichnet durch vielerlei Strömungen und Initiativen zur „Heilung" gesellschaftlicher Missstände. Von Schrebergärten und Sportvereinen bis zur Homöopathie Hahnemanns oder Rudolf Steiners Waldorfpädagogik blühten allerlei Bestrebungen, die Folgen der Entfremdung von der Natur, der Industrialisierung und Technisierung zu kompensieren. Dresden galt in dieser Zeit als Hochburg pädagogischer Forschungen und Reformen.

Das kommt auch in den Museumsgründungen zum Ausdruck. Die Ereignisse des Februar 1945 machten all dem zumindest vorläufig ein Ende. Die bestehenden Museen wurden zerstört und die Bestände großenteils in alle Winde verstreut. Das mit viel Mühe wiedergegründete Museum in den 80er Jahren wurde nach der Wende leider geschlossen.

„Schule ist ja immer ein Abbild der Gesellschaft. Jedes System schafft sich eine Schullandschaft, die seinen Interessen entspricht. Gleichzeitig aber hat Schule auch immer etwas Subversives. In ihr gären bereits die zukünftigen gesellschaftlichen Veränderungen. Alle Reformer oder sogar Revolutionäre haben ja zunächst die ‚Alte Schule' erlebt und genau dort erste politische und soziale Erfahrungen gesammelt." Professor Dr. Hartmut Voit kennt die Materie. Er lehrt an der Philosophischen Fakultät der TU Dresden Neuere und Neueste Geschichte und Didaktik der Geschichte. Gleichzeitig ist er Vorsitzender des Vereins Schulmuseum Dresden e.V.

Dieser Verein hatte sich im Jahr 1997 gegründet und sich zum Hauptziel gesetzt, wieder ein Schulmuseum in Dresden aufzubauen und damit die Tradition Dresdens auf diesem Gebiet fortzuführen. Es soll ein besonderes Museum werden. Drei große Arbeitsbereiche nennt die Projektleiterin Frau Dr. Sonja Koch: „Natürlich sollen Exponate aus den langen Jahrhunderten regionaler Schulgeschichte anschaulich präsentiert werden. Es gibt ja noch Menschen unter uns, die bis zu fünf verschiedene Gesellschaftssysteme erlebt haben. Das ist ein wunderbarer Fundus. Das ist das Eine. Zum Zweiten soll es ein Forschungszentrum für Bildungsgeschichte werden. Eine Bibliothek und ein Archiv sollen von Studenten genutzt werden, in Symposien sollen Fachleute ihre Erfahrungen austauschen und mit Publikationen wollen wir die Arbeitsergebnisse der Öffentlichkeit zugänglich machen. Und als Drittes soll ein modernes Kommunikationszentrum entstehen, eine Einrichtung für Modernisierungsprozesse in den Bereichen Schule, Bildung und Erziehung. Da kann über neue Unterrichtsmethoden, Lehrpläne oder Bildungskonzepte diskutiert werden. Auch Fortbildungsveranstaltungen für Lehrer oder ganz neue Forschungsprojekte sind denkbar."

© Archiv Schulmuseum: Die ProjektleiterProf. Hartmut Voit und Dr. Sonja Koch
© Archiv Schulmuseum: Die ProjektleiterProf. Hartmut Voit und Dr. Sonja Koch
Erste Ergebnisse sind bereits zu sehen. Die Stadt Dresden hat dem Verein Räume auf dem Gelände des ehemaligen Friedrichstädter Lehrerseminars, Seminarstr. 11, kostenlos zur Verfügung gestellt. Leider hatte die Flut 2002 die geplante Eröffnung Ende letzten Jahren vereitelt. Inzwischen werden die Räume Schritt für Schritt ihrer Bestimmung zugeführt, in Kürze wird das Erdgeschoss bezugsfertig sein. Bis zur offiziellen Eröffnung, die für 2006 im Dresdner Jubiläumsjahr vorgesehen ist, bleibt allerdings noch viel Arbeit.

Eine Wanderausstellung zum Thema "Mädchenbildung in Dresden im 19. Jahrhundert" ist bereits aufgebaut. Unterstützt wird der Verein auch vom Arbeitsamt. ABM-Kräfte sichten und präparieren gerettete Bestände aus alten Ausstellungen, aber auch die Nachlässe gerade erst geschlossener Schulen gilt es zu pflegen und zu erhalten.

Einer der wichtigsten Partner ist die TU Dresden. Auf höchster Ebene wurde ein Kooperationsvertrag zwischen beiden Institutionen abgeschlossen. Er beinhaltet sowohl die Nutzung TU-eigener Ressourcen durch den Verein als auch beispielsweise Möglichkeiten für Studenten, Praktika und Forschungsprojekte im Rahmen des Schulmuseums zu realisieren. Als beratendes Gremium steht dem Verein ein wissenschaftlicher Beirat zur Seite, dem Professoren der Fakultäten Erziehungswissenschaften und Philosophie angehören.

Der Aufbau des Dresdner Schulmuseums soll spätestens 2006 abgeschlossen sein. Weitere Partner sind unter anderem der Dresdner Geschichtsverein, das städtische Veranstaltungsbüro 2006 und - nicht zuletzt - die Bürger der Stadt Dresden. Diese sind aufgerufen, ihre Erlebnisse zu berichten oder Dokumente oder Gegenstände aus ihrer Schulzeit zur Verfügung zu stellen. Bis zum Stadtjubiläum soll daraus ein "800 Seiten Buch" entstehen. Dieses Projekt versteht sich als Teil der in der ganzen Stadt geplanten Aktivitäten und Unternehmungen im Jubiläumsjahr 2006: „Es verfolgt das Ziel, die Dresdner möglichst direkt und aktiv in das Jubiläum ihrer Stadt einzubeziehen. Die Dresdner selbst sollen sich persönlich in Wort und Schrift an Episoden, Ereignisse und Persönlichkeiten aus ihrer Kindheit, Schul- und Jugendzeit erinnern und so die Geschichte ihrer Stadt in den letzten 100 Jahren aus der Perspektive der persönlichen Erinnerung in einer völlig neuen Weise selbst (mit-)schreiben," so Dr. Sonja Voigt.
Aus den persönlichen Erinnerungen soll dieses einmalige Buch von 800 Seiten über die Dresdner und ihre Erinnerungen entstehen, die sie mit Dresden in ihrer Kindheit, Schule und Jugend verbinden. Die Veröffentlichung ist für 2006 unter dem Titel „800 Seiten Dresden: Mein Dresden in Kindheit, Schule, Jugend" geplant. Viele Beiträge sind bereits eingegangen.

Weiterhin wird im April ein Schülerwettbewerb starten. Dazu könne Studenten als Mentoren angefordert werden, was wiederum den Studierenden Einblicke in die Alltagsrealität an den Schulen ermöglicht.