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TU Dresden, Institut für Soziologie
René Krempkow
Tel.: 0351 463-35311

Absolventenporträts

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Wie zukunftsfähig ist Deutschland?
Rene Krempkow

„Aufbruch in ein anderes Land" lautet die Überschrift der Titelgeschichte des Geo-Magazins vom Mai 2004, für die Steffen Kröhnert als ehemaliger Soziologie-Student der TU Dresden an einer Studie mitarbeitete.

Aus Anlass des Uni-Tages an der TU Dresden stellte er sich und die Studie des Berlin-Institutes für Weltbevölkerung und globale Entwicklung vor. Darin wurde anhand von 22 Kriterien zur demographischen Entwicklung die Zukunftsfähigkeit aller 440 deutschen Landkreise bis 2020 mit einer Notenskala von 1 bis 6 bewertet. Zum Beispiel der Landkreis Riesa-Großenhain landet mit der Gesamtnote 4,4 auf Platz 409 und damit auf einem der letzten Plätze. Schlechter ist in Sachsen nur noch Löbau-Zittau mit 4,8 und das Altenburger Land (Thüringen) mit 4,9. Als „verheerend" wurden die Ergebnisse bei der Geburtenentwicklung, der Bevölkerungsprognose, bei der Abwanderung, der Kaufkraft und der Wirtschaft eingeschätzt. Dresden erhält dagegen eine noch relativ schmeichelhafte 3,8. München-Land liegt mit 2,8 in der Spitzengruppe, hat aber bei der Kinderzahl ebenfalls eine glatte 6. Eine „Insel der Kinderreichen" läge lediglich noch in Westniedersachsen (Note 2). Insgesamt hat Sachsen seit 1990 10 Prozent seiner Bevölkerung verloren. Bis 2050 könnte ganz Ostdeutschland noch einmal die Hälfte verlieren. Dabei haben die neuen Länder bereits jetzt im Zeitraffer erlebt, was auf die anderen Länder erst noch zukommt. Ausnahme seien nur „Speckgürtel" von Großstädten, die zeitweilig noch zulegen.
Als möglicher Ausweg wird eine gesteuerte Zuwanderung junger, hochqualifizierter Fachkräfte diskutiert. In einem verstärkten Wettbewerb von Industrieländern gerade um diese ist Deutschland mit seiner auf fünf Jahre befristeten Arbeitserlaubnis und einem Klima mangelnder Akzeptanz allerdings wenig attraktiv, wie die weitgehend als gescheitert eingeschätzte „Green-Card" für Computerexperten beispielhaft zeigte. Die Politik müsse nun dringend nachholen, was sie über Jahrzehnte versäumte und der Öffentlichkeit vermitteln, wie notwendig eine gesteuerte Zuwanderung ist.

Neben der Frage, was ein Absolvent nach seinem Studium machen kann, interessierte aber auch die Frage, wie er zu seinem Job gekommen ist: Eines Tages bekam Steffen Kröhnert von einem ehemaligen Professor folgenden Anruf: „Ich habe da ein Institut gegründet. Es gibt zwar bisher nur ein Büro, Rechner und Telefon. Aber es wäre eine gute Möglichkeit für jemanden wie Sie, sich etwas aufzubauen." Steffen Kröhnert war natürlich zunächst überrascht, sagte dann aber im „Berlin-Institut für Weltbevölkerung und globale Entwicklung" wegen des interessanten Themengebietes und der großen Freiräume dieser Tätigkeit zu. Ziel dieses stiftungsfinanzierten Institutes ist es, die Öffentlichkeit für demografische Entwicklungen zu sensibilisieren und so zu einer nachhaltigen Entwicklung der Gesellschaft beizutragen. Über Demografie wurde in Deutschland bis vor ganz kurzer Zeit gar nicht gesprochen. Steffen Kröhnert fiel auf, dass zwar von der Alterung der Gesellschaft, Abwanderung aus dem Osten und unsicherer Rente gesprochen wird. Da es aber keinerlei Veröffentlichung über die regionalen Unterschiede dieser Entwicklung gab, ist ihm die Idee und schließlich die Realisierung solch einer Studie zu verdanken. Nachdem diese inzwischen von vielen Medien als Thema aufgegriffen wurde (u.a. auch vom Focus-Magazin), sieht er optimistisch in seine berufliche Zukunft.

© Studie des Berlin-Institutes für Weltbevölkerung und globale Entwicklung: ?Durchschnittliche Kinderanzahl pro Frau 2001"
© Studie des Berlin-Institutes für Weltbevölkerung und globale Entwicklung: ?Durchschnittliche Kinderanzahl pro Frau 2001"
Bedauerlich an der unter dem Motto „students meet alumni" stehenden Veranstaltung war allerdings, dass mehrere angefragte Absolventen absagten. Begründung war, sie hätten nach ihrem Abschluss noch nichts gefunden und wollten wegen ihres mangelnden beruflichen Erfolges nichts über ihre Erfahrungen mit der Jobsuche erzählen. Dabei hätte gerade dies erst einen realistischen Gesamteindruck vermittelt. Nach der derzeit aktuellsten Absolventenstudie zu den Geistes- und Sozialwissenschaften der TUD aus dem Jahr 2000, von der ausgewählte Ergebnisse zum Abschluss noch einmal kurz vorgestellt wurden, hat auch nach einem Jahr erst gut die Hälfte der Absolventen eine reguläre Erwerbstätigkeit gefunden. Gerade in diesen Wochen wird eine Neuauflage der Studie durchgeführt. Erste Ergebnisse sollen im Herbst vorliegen.