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TU Dresden
Institut für Werkstoffwissenschaft
Professor Wolfgang Pompe
Tel.: 0351 463-31420
pompe@tmfs.mpgfk.tu-dresden.de  

Campus und Forschung

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Wie Proteine den Chips das schnellere Laufen lehren
PI/Susann Mayer

„Die biologische Zelle ist eine kleine Fabrik – mit Proteinen und DNA als Maschinensystem. Diese holen wir uns und benutzen sie als biologische Werkzeuge auf Chips.“ Knapp und verständlich formuliert Wolfgang Pompe, Professor für Materialwissenschaft und Nanotechnik der TU Dresden (TUD), ein zukunftsweisendes Forschungsprojekt für die Nanoelektronik.

Die Bausteine lebender Zellen, wie Proteine, Zucker und Lipide, weisen Abmessungen von nur 1 bis 100 nm auf und tragen dennoch eine erstaunliche Dichte an Informationen in sich. Diese (winzigen) Dimensionen sind im technischen Bereich bisher noch nicht nachvollziehbar, aber wünschenswert. „In der Mikroelektronik gibt es eine Barriere bei etwa 10 nm. Räumlich strukturierte Muster zu erzeugen, die unter diesen Dimensionen liegen, ist mit der nötigen Effizienz noch nicht gelungen. Gleichzeitig besteht aber die Anforderung aus der Industrie, eine höhere Integrationsdichte zu erreichen. Die Chips sollen kleiner und die darauf enthaltenen Informationen komplexer werden“, erklärt Pompe.

Ein wesentliches Ziel der Nanotechnologie ist es, die magische 10-nm-Grenze zu überwinden. Zwar gibt es Verfahren wie die Atomkraftmikroskopie, mit denen die genannten Muster erzeugt werden können; hinderlich sind die dafür benötigten langen Prozesszeiten. Der Grund ist, dass die Maschinen zum Erzeugen dieser Nanostrukturen zu groß sind, um parallel arbeiten zu können. So können nur serielle Techniken eingesetzt werden. Demnach gilt es, sehr kleine (Nano-)Maschinen zu schaffen, die synchron arbeiten. Zudem müsste das Zusammenwirken der Maschinen durch Selbstorganisation gesteuert werden – ein „Wesenszug“, der von den lebenden Zellen „gelernt“ werden kann. „Die feinen und kleinen Moleküle der DNA – die ja selbst nur 1,2 nm misst – tragen ihre Anordnung in der Zelle bereits in sich. Ein Kupferkristall hingegen ist vergleichsweise dumm“, weist der Werkstoffwissenschaftler drastisch auf den Unterschied hin.

Die Fähigkeit der Selbstorganisation und der Informationsdichte biologischer Materie wollen nun die Wissenschaftler um Pompe mit der technischen Nutzung von Speicherchips verbinden. Gemeinsam mit dem Max-Planck-Institut für Molekulare Zellbiologie und Genetik in Dresden erforschen sie diese „Nanostrukturierten Funktionselemente in makroskopischen Systemen“. Hier versuchen die Wissenschaftler, Entwicklungsmechanismen biologischer Zellen für den Aufbau kleinster elektrischer Netzwerke zu erschließen. Wie das konkret passieren soll, fragte „Kontakt" den Wissenschaftler:

Prof. Pompe, wie wird vorgegangen, um solche Netzwerke zu entwickeln?

Die Grundidee besteht darin, zunächst mit DNA-Molekülen das Muster eines nanoskaligen Netzwerkes zwischen den mikroelektronischen Kontakten aufzubauen. Um die DNA in die gewünschten Positionen auf dem Chip zu bringen, werden sogenannte zelluläre Maschinen erprobt, die aus dem Motorprotein Kinesin und den Mikrotubules, stabförmigen Proteinen, bestehen. Letztere werden durch die Motorproteine angetrieben und dienen als Träger der DNA. Dieses Prinzip wurde von Joe Howard aus dem MPI für Molekulare Zellbiologie und Genetik vorgeschlagen. Nachdem die DNA an den gewünschten Positionen auf dem Chip ist, können wir sie mit einer von unserer Arbeitsgruppe entwickelten Methode in ultradünne Metalldrähte umwandeln.

Was ist das wirklich Neue daran?
Das wirklich Neue ist der Versuch, erstmals zelluläre Maschinen in einem technischen System zum Aufbau von elektrischen Netzwerken zu nutzen.

Wo noch wird in Deutschland daran gearbeitet?
Gegenwärtig ist Dresden die einzige Stelle in Deutschland, wo solche Forschungen durchgeführt werden. Möglich ist es durch das einmalige Zusammenwirken des Max-Planck-Institutes für Molekulare Zellbiologie mit den Ingenieurwissenschaftlern der TU Dresden.

Wo konkret können Ihre Ergebnisse eingesetzt werden?
Zur Zeit handelt es sich noch um sogenannte vorwettbewerbliche Forschung, an der aber bereits zwei kleinere Firmen aus Dresden mitarbeiten, die GESIM, ein Mikro- und Nanosystemhersteller, sowie BoneMaster, eine im Bereich der Nanotechnologieanwendung interessierte Firma. Wir hoffen, zukünftig auch größere Firmen der Mikroelektroniktechnologie wie Infineon, Siemens oder Motorola für diese Ergebnisse zu interessieren.

Ideale Arbeitsbedingungen gibt es dabei in dem im Frühjahr 2002 eröffneten Max-Bergmann-Zentrum für Biomaterialien. Hier arbeiten sie gemeinsam mit den Medizinern der TUD und Wissenschaftlern des Institutes für Polymerforschung auf dem Gebiet der durch die Biologie inspirierten Materialforschung. Pompe selbst arbeitet seit Jahren auf dem Gebiet der Biomaterialien, entwickelte beispielsweise eine Biokeramik als Knochenersatz in der Kieferchirurgie und war federführend beteiligt an der Installation des neuen Studienganges „Molecular Bioengineering“.