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Dresdner Schumann-Spuren gesucht
Dagmar Möbius

Robert und Clara Schumann lebten sechs Jahre in Dresden. Im Stadtbild spiegelt sich das kaum wider. Deshalb wollen Studierende der Fachrichtung Musikwissenschaft an der TU Dresden bis zum Schumann-Jahr 2010 Licht ins Dunkel bringen. Erste Ergebnisse ihres ehrgeizigen Forschungsprojektes stellten sie im Mai während eines Internationalen Symposiums in Dresden vor.

Foto: TUD
Foto: TUD
Unter Musikkennern gilt Dresden als die Richard-Wagner-Stadt. Auch Carl Maria von Weber hat hier zahlreiche bleibende Eindrücke hinterlassen. Das Musikerpaar Robert und Clara Schumann lebte sechs Jahre hier. Von 1844 bis 1850. Die Stadt schien Robert Schumann immerhin so zu inspirieren, dass rund ein Drittel seines Gesamtwerkes auf die Dresdner Jahre zu datieren ist. Seine einzige Oper „Genoveva“ beispielsweise oder „Szenen aus Goethes Faust“, aber auch die heitere 2. Sinfonie C-Dur, Kammermusikwerke, Chorlieder und Hunderte Lieder und Klavierstücke, darunter das „Album für die Jugend“. Erstaunlich, dass dennoch im Dresdner Stadtbild wie auch im regionalen Kulturbewusstsein wenig auf Robert und Clara Schumann hinweist.

Das brachte Studierende der Fachrichtung Musikwissenschaft an der TU Dresden in einem Schumann-Seminar im November 2007 auf die Idee, sich auf Spurensuche zu begeben. Professor Hans-Günter Ottenberg vom Institut für Kunst- und Musikwissenschaft unterstützte das Vorhaben von Anfang an. „Die Studenten sollten zunächst Tageszeitungen und Archive nach Zeugnissen der Schumanns auswerten, doch sie konnten sich damit nicht so richtig anfreunden und schlugen eine moderne Spurensuche vor“, blickt er zurück.

Ein halbes Jahr später gab es während des Internationalen Symposiums „Robert und Clara Schumann in Dresden“ Erfreuliches zu berichten. Professor Peter Schreier, weltbekannter Opernsänger und bis zu seinem Bühnenabschied einer der hervorragendsten Interpreten von Schumannliedern, übernahm die Schirmherrschaft über das Forschungsprojekt. Die TU Dresden bewilligte drei Tutorenstellen und 15 studentische Mitarbeiter arbeiten am Projekt mit. In drei Arbeitsgruppen befassen sie sich damit, wo es im heutigen Dresden Spuren von Wohn- und Wirkstätten Robert und Clara Schumanns gibt, wie die Schumanns in aktuellen Konzertplänen repräsentiert sind und wie sie im Bewusstsein der Dresdner verankert sind. Die Pläne sind ehrgeizig, der Projektzeitraum ist vorläufig bis März 2009 bewilligt.

Zentrale Dresdner Schumann-Aufenthaltsorte konnten schon bestimmt werden. Bildmaterial aus Dresden um 1850 wurde gesammelt, ist aber noch lange nicht vollständig. Dennoch wagten die Studenten ein Experiment: Sie luden nicht nur die Teilnehmer des musikwissenschaftlichen Symposiums, sondern auch interessierte Dresdner zu einer Stadtführung „Auf den Spuren der Schumanns“ ein. Die Resonanz war trotz Regens so groß, dass zwei Gruppen gebildet werden mussten. „Ich bin überrascht von diesem Ansturm“, staunte Stephanie Schliebe am Treffpunkt mitten auf der Augustusbrücke. Dieser Startpunkt wurde gewählt, weil das Panorama von hier aus besonders eindrucksvoll ist. Oder wie es Clara Schumann einst formulierte: „Dresden ist doch gar zu schön, wie karg ist da unser armes Leipzig bedacht.“

Das der Seele zuträgliche Dresdner Flair hatte Schumanns Arzt dem als melancholisch und später manisch-depressiven Komponisten aus therapeutischen Gründen empfohlen. Am einzigen Dresdner Robert-Schumann-Denkmal entfachten sich erste Diskussionen über die von Charlotte Sommer-Landgraf geschaffene und 1986 im Park am Zwingerteich aufgestellte Büste. Wie alt war Schumann wohl in der Darstellung? Warum hat er einen so leeren Blick? Wieso wird gerade hinter der Oper an ihn erinnert, in der er doch selbst so gern gearbeitet hätte, aber nie die Gelegenheit dazu bekam? Auch zu den Berichten über die ersten Wohnungen der Schumanns in der einstigen Waisenhausstraße bzw. Reitbahnstraße hatten die anwesenden Einheimischen viele Fragen. „Vieles wissen wir noch nicht, aber wir freuen uns über jeden Hinweis“, sagt Stephanie Schliebe. Auf der Brühlschen Terrasse, am Neumarkt im einstigen Hotel de Saxe (heute Steigenberger) oder im Cosel-Palais (früher Hotel St. Petersburg), am Altmarkt oder in der Kreuzkirche befindet man sich an Orten mit gesicherten Dresdner Schumann-Spuren.

Persönliche Erinnerungen an oder Assoziationen zu Robert und Clara Schumann sollen auch in die Forschungsarbeit einfließen. „Das könnte eine reizende Facette im Dresdner Lokalstolz sein", vermutet Felix Werthschulte. So werden unter anderem Konzertgänger, Musiker, Mitarbeiter in Museen und Konzertstätten aber auch „ganz normale Dresdner“ über ihr Verhältnis zum Komponistenehepaar befragt.

Langfristig geplant sind eine Ausstellung in der Sächsischen Landes- und Universitätsbibliothek, ein Stadtführer und eine Stadtführung für die Öffentlichkeit, ein Bildband und eine Gedenktafel für Robert und Clara Schumann. Auch Schulen sollen von den Forschungsergebnissen profitieren können.

Anregungen und Hilfe sind beim studentischen Forschungsprojekt „Auf den Spuren Clara und Robert Schumanns“ jederzeit willkommen!