Artikelsuche

Rubrik: Autor:

Absolventenporträts

Url senden | Seite drucken

Im Wald nachhaltiges Denken gelernt
Dagmar Möbius

Der diplomierte Forstwirt Peter Gaffert ist Oberbürgermeister von Wernigerode. Freiwillig. Doch hin und wieder kann er im Wald durchatmen und seine Ruhe finden.

Foto: privat; Peter Gaffert
Foto: privat; Peter Gaffert
In einem kleinen Dorf in Sachsen-Anhalt aufgewachsen, den Wald vor der Tür, war das Interesse an freier Natur für Peter Gaffert folgerichtig. Einen wesentlichen Einfluss auf seine Berufswahl schreibt er seinem Vater, einem gelernten Waldarbeiter, zu. Der hatte in den 1950er-Jahren als Bodenkunde-Assistent in Tharandt gearbeitet und über diese Zeit geschwärmt.

„Ich bin kein Typ, der von 7 bis 16 Uhr im Büro sitzt, und hatte schon als junger Mann einen großen Freiheitsdrang“, schmunzelt der 48-Jährige. „Das Bild des Försters war für mich eine Idealvorstellung.“ Peter Gaffert folgte ihr, auch weil ein Forststudium zu DDR-Zeiten Exotenbonus besaß. Jährlich wurden nur etwa 40 Studenten zugelassen.

An seine Studienzeit an der Forstwissenschaftliche Fakultät der TU Dresden in Tharandt von 1983 bis 1988 erinnert er sich gern: „Das Studium war geprägt von langfristigem Denken und hat mich immer wieder bestärkt“, lobt er. Auch vernetztes Denken habe er durch die miteinander verknüpften Fächer wie Botanik, Bodenkunde, Wirtschaftsgrundlagen oder Meteorologie gelernt – eine gute Basis. „Gewohnt habe ich übrigens in der Dresdner Südvorstadt und bin damit Heinrich Cottas Philosophie gefolgt.“ Cotta, der 1811 sein Privatforstlehrinstitut in Tharandt eröffnet hatte, war der Meinung, „ohne Wald und dessen Benutzung kann eine Forstlehranstalt ebenso wenig gedeihen als eine Bergakademie ohne Bergwerke“. Zum Wohnen solle man jedoch die Vorzüge einer größeren Stadt nutzen.

Nach erfolgreich absolviertem Studium ging der frisch gebackene Diplom-Forstingenieur Peter Gaffert als Assistent zum Staatlichen Forstwirtschaftsbetrieb Blankenburg im Harz und baute dort unter anderem eine Forstbaumschule mit auf. Als mit der politischen Wende die Neugründung Sachsen-Anhalts beschlossen wurde, berief man ihn ins Ministerium für Landwirtschaft und Forst Magdeburg. Die Zeit als Referent für Forstpolitik beschreibt er als äußerst spannend. Insbesondere im Eigentumsrecht gab es damals viele Veränderungen. „Die politisch-strategischen Aufgaben ermöglichten, viele Weichen zu stellen.“

Vier Jahre später „war die Verwaltung dann ziemlich perfekt“. Peter Gaffert zog es wieder in die heimatliche Natur. 1994 wurde er Leiter der Nationalparkverwaltung Hochharz Wernigerode und blieb es zehn Jahre. Nach der Fusion des Harzer und des Niedersächsischen Nationalparks suchte er eine neue Herausforderung, bewarb sich auf eine bundesweite Ausschreibung und wurde zum Direktor des Nationalparks Kellerwald-Edersee in Nordhessen berufen. Drei Jahre leistete er dort Aufbauarbeit, bis ihn ein Anruf aus der Heimat erreichte: „Der Wernigeroder Bürgermeister suchte altershalber einen Nachfolger und fragte mich, ob das eine Option für mich wäre.“ Keine leichte Entscheidung. Der Liebe zur Natur und zum Beruf stand die Sehnsucht nach Familie und Freunden gegenüber. Zudem lockte den Vater zweier Söhne eine reizvolle berufliche Aufgabe.

Peter Gaffert kandidierte als Parteiloser und gewann die Wahl im ersten Wahlgang. Seit August 2008 ist er Oberbürgermeister der 35.000-Einwohner-Stadt Wernigerode. „Eine schöne Arbeit“, schwärmt er, „man kann etwas gestalten.“ Aktuell beschäftigen ihn die Auswirkungen der Finanz- und Wirtschaftskrise in der Region und die sinnvolle Umsetzung der Konjunkturprogramme. Auch die Gebietsreform in Sachsen-Anhalt ist ein Dauerbrenner, ebenso wie die anstehenden Wahlen. „Ich wünsche mir, die Menschen wieder in demokratische Prozesse einzubeziehen, sie zur Demokratie zu bewegen – sie sollen nicht einfach tolerieren, was läuft.“

Fehlt ihm der Wald? Er zögert. „Manchmal schon“, gibt er zu, „es gibt seltene Momente, da möchte man sich im Wald verstecken, tief durchatmen, nicht erreichbar sein und in Ruhe nachdenken.“ Ab und zu kann er das. Mit seinen ehemaligen Kommilitonen trifft er sich alle zwei, drei Jahre an unterschiedlichen Waldorten.

Auch nach Tharandt kommt Peter Gaffert regelmäßig. Im Programmbeirat des neuen Bachelorstudiums Forstwissenschaft freut er sich, seine langjährigen Erfahrungen einbringen zu können.