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Celia Hahn
Institut für Abfallwirtschaft und Altlasten
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Campus und Forschung

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Dresdner Forscher entschlammen den heiligen Hoan-Kiem-See
Susann Mayer

„Hoan Kiem“ bedeutet „wiedergegebenes Schwert“ und ist der Name eines 13 ha großen Sees, der in der Millionenmetropole Hanoi liegt.

© Institut (2); Die vom Aussterben bedrohte Riesenschildkröte lebt im Hoan-Kiem-See im Hanoier Zentrum
© Institut (2); Die vom Aussterben bedrohte Riesenschildkröte lebt im Hoan-Kiem-See im Hanoier Zentrum
Der Legende nach übergab die in dem See lebende Schildkröte dem Nationalhelden Le Loi ein Schwert, mit dem er sein Land von der chinesischen Fremdherrschaft befreite. Heute bangen die Vietnamesen um diesen heiligen See, weil das Gewässer vom Verlanden bedroht ist. Bisher konnten die hohen Anforderungen an sämtliche Sanierungsarbeiten, die an und in dem See vorgenommen werden müssen, aus eigener Kraft nicht erfüllt werden.

Abhilfe schaffen wollen jetzt Dresdner Forscher mit einem außergewöhnlichen Forschungsvorhaben, geleitet vom Institut für Abfallwirtschaft und Altlasten zusammen mit dem Institut für Hydrobiologie der TU Dresden. Es soll die Grundlage schaffen, mittels einer in Deutschland entwickelten und an die spezifischen Bedingungen in Hanoi angepassten Technologie („Sediturtle“) den See zu sanieren. Das Verfahren macht es möglich, Sedimente aus dem stark belasteten See zu entnehmen, ohne ihn abzulassen und die darin lebende Riesenweichschildkröte zu gefährden. Sie ist eine der letzten vier bekannten lebenden Exemplare auf der Welt. Zwei andere werden in einem chinesischen Zoo gehalten, eine vierte findet man in einem See unweit von Hanoi.

Seit Jahrhunderten ist das Gewässer stark belastenden Einflüssen ausgesetzt. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts siedelten sich Handwerksbetriebe an den Ufern des Sees an, deren Abwässer (vor allem Färberei- und Gerbereiabwässer) ernorme Schadstoffe enthielten. Hinzu kamen siedlungsbedingte und natürliche anorganische Einträge, die sich heute als enorme Schlammschicht im gesamten See darstellen. Anfang der 1990er-Jahre beschränkten die Hanoier Behörden deswegen massiv die Abwassereinleitung. Später wurde versucht, die Schlammmenge in dem See zu reduzieren. Allerdings ist aufgrund der kulturellen Bedeutung des Sees ein Einsatz großer Baumaschinen nicht möglich.

Neben anderen gab es 2004 Gespräche zwischen dem anerkannten Schildkrötenexperten Prof. Dr. Ha Dinh Duc von der Hanoi University of Science und Prof. Dr. Peter Werner von der TU Dresden, in deren Folge ein 3-stufiges Konzept entwickelt wurde. Im Vorfeld untersuchten die Forscher die möglichen Auswirkungen des Verfahrens auf den See. Dazu fand im Juni 2009 ein Workshop zum Vorhaben statt. In einem öffentlichen Probelauf am Ho-Chi-Minh-Fischteich führten sie den Unterwassersauger „Sediturtle“ und die Siebbandpresse vor. Mit diesen Geräten wird das Sediment schichtweise abgetragen und anschließend das Wasser reduziert, um das Sediment zur Verwertung zu transportieren. Derzeit werden verschiedene Sedimentverwertungskonzepte geprüft, deren Machbarkeit und Aufwand sehr variabel sind. Eine Rolle spielen hier die Umweltverträglichkeit der aufbereiteten Sedimente als Dünger oder Bodenverbesserungsmittel, die Fermentation zur Biogasgewinnung oder die Dekontamination der Sedimente.


© Öffentliche Vorführung der Technik
© Öffentliche Vorführung der Technik
„Kontakt“ fragte Celia Hahn, Koordinatorin des Projektes:

Frau Hahn, der verantwortliche Leiter, Prof. Werner, war kürzlich in Vietnam – wie ist der aktuelle Stand des Vorhabens?
Sein letzter Aufenthalt Anfang Juni fand wegen des erwähnten Workshops statt. Unter großer Anteilnahme der vietnamesischen Interessensvertreter wurde die Technik vorgeführt und diskutiert. Das Volkskomitee konnte von der schonenden und sicheren Technik überzeugt werden.

Welches sind die nächsten Schritte?
Wir werden unsere Untersuchungen zur Erforschung des Ökosystems „Hoan-Kiem-See“ weiterführen. Hierzu ist von Anfang an ein ganzes vietnamesisches Team gebildet worden, das diese Arbeiten mit unserer Unterstützung ausführt. Ein besonderes Augenmerk richten wir immer auf die Riesenweichschildkröte.
Im September wird eine Delegation bestehend aus Vertretern des Hanoier Volkskomitees und wissenschaftlichen Experten nach Deutschland reisen und die Einzelheiten diskutieren. Im Oktober wird vermutlich ein kleiner Teil des Hoan-Kiem-Sees vom Schlamm befreit. Dies soll nochmals zu Demonstrationszwecken durchgeführt werden. Anschließend müssen das Volkskomitee und die Hanoier Abwasserbetriebe aktiv werden und den Aufrag zur Entschlammung des Sees erteilen.

Welchen Zeitraum umfasst die konkrete See-Entschlammung?
Die Entschlammung wird voraussichtlich ein Jahr in Anspruch nehmen. Dies ist nicht nur technisch bedingt, es ist sogar gewollt, da sich so die Flora und Fauna auf Teilen des neuentstandenen Seebodens wieder einstellen kann und das Ökosystem nicht zu stark gestört wird.