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Dr. Arbelio Penton Madrigal

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Lesererzählungen

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Spaß muss es immer geben!
Julio. C. Drake-Pérez/Arbelio Pentón

Die Achtzigerjahre des vergangenen Jahrhunderts waren Zeugen eines Zuwachses der Anzahl der kubanischen Studenten an der TU Dresden aufgrund eines Regierungsabkommens. Als jugendliche Studenten im Alter zwischen 17 und 19 Jahren haben wir uns in die Abenteuer eines Hochschulstudiums im Ausland gewagt.

© privat; Kubanische Studenten in den Achtzigerjahren
© privat; Kubanische Studenten in den Achtzigerjahren
Umzuziehen in ein Land, dass nicht nur im geografischen Sinn so weit entfernt war, war eine verwegene Entscheidung. Besonders schwer war es, wenn wir betrachten, wie jung wir waren. In einer so frühen Etappe unseres Lebens, für so lange Zeit weg von zu Hause zu sein, war eine schwierige Aufgabe. Die Trennung von der Familie während einer so langen Zeit, in einer ausschlaggebenden Etappe der Gestaltung der Persönlichkeit, hatte unvermeidlich einen deutlichen Einfluss auf den Menschen, in den wir uns verwandelt haben. Die Gesellschaft, die Menschen, die uns umgaben, haben eine wichtige Rolle für den Rest unseres Lebens gespielt. Heute noch sind wir ganz tief geprägt vom deutschen Einfluss. Gerade einige dieser Aspekte, die nicht zum akademischen Studienplan gehörten, aber die an unsere persönlichen Erfahrungen sehr gebunden waren und uns verändert haben, darüber wollen wir heute sprechen. Diese Aspekte zu erleben und davon zu lernen haben uns geholfen, ein tieferes Verständnis der deutschen Gesellschaft, seiner Leute und seiner Gewohnheiten zu erreichen.

Die eiserne Disziplin, die Strenge, die Organisation und die Pünktlichkeit sind einige der unantastbaren Aspekte, die im Laufe eines fünfjährigen Aufenthaltes uns übertragen worden sind, gerade, als wir uns in Erwachsene verwandelten. Die Kultur, der Charakter, die Gewohnheiten, einschließlich kulinarischer und vieler anderer Aspekte, die wir in dieser – unter den Deutschen – erlebten Zeit gekannt haben, haben uns völlig verwandelt. Wir sind der Meinung, dass diese Etappe, so wie wir sie erlebten, uns in eine privilegierte Stellung verholfen hat, die uns erlaubte, besser die Leute in Deutschland zu verstehen. Wir sind jetzt in der Lage, Dinge zu verstehen, die andere Personen – die nicht vermischt in der deutschen Gesellschaft in so langer Zeit gelebt haben – nicht verstehen können. Die zwischenmenschlichen Beziehungen, die wir jenseits des arbeitenden Umkreises entwickelt hatten, lehrten uns, weit unter das Oberflächliche zu sehen. Jenseits der Aspekte, die unbeachtet blieben für diejenigen, die solche Lebenserfahrungen nicht erlebt haben. Manchmal haben diese Beziehungen zu noch dauernden Freundschaften oder zu Liebesbeziehungen geführt, die zur Entstehung internationaler Familien geführt haben. Diese menschlichen Beziehungen sind außerordentlich wichtig wegen des Beitragens zum Verständnis zwischen den Völkern. Freundschaftsbrücken werden dadurch gebaut.

Entlang so vieler Jahre werden viele Erfahrungen gesammelt, an einige erinnern wir uns mehr, einige vergessen wir unvermeidlich, aber andere sind für immer aufgenommen worden. Inmitten des unvermeidlichen Stresses, der zum Studium einer wissenschaftlichen Karriere in einer fremden Sprache und Umgebung gehört, haben wir gelernt, unsere Zeit zu organisieren, ohne das Vergnügen zu vergessen. Wir verwirklichten kulturelle Tätigkeiten, so hatten wir sowohl eine Theatergruppe als auch eine Salsamusik-Gruppe und sogar ein traditionelles Tanzensemble. Wir haben mit Stolz unsere Kultur gezeigt und zu diesem Zweck öffentliche Veranstaltungen organisiert. In diesem Kontext sind wir besonders aufgefallen. Es war etwas Normales für uns, mit Musik mit relativ hoher Laustärke zu studieren oder uns ziemlich belebt zu unterhalten, während der Messungen in einem physikalischen Praktikum. Wir ließen uns keine Gelegenheit entgehen, die uns einen Vorwand gab, um ein Fest zu organisieren. Im Allgemeinen charakterisierten wir uns – die Latinos – durch eine ansteckende Freude in jeder Gelegenheit. Unsere Art zu sein stand zu unseren deutschen Kollegen im Gegensatz. Aber es gab eine Periode, in die sich unsere Umgebung transformierte – es war die Faschingszeit.

© privat; Faschingsfreuden
© privat; Faschingsfreuden
Der Fasching war eine von allen lang erwartete Zeit, und wir – die Kubaner – begannen ihm eine eigenartige „Berührung” mit unserem „exotischen Aussehen” zu geben. Vom Aschermittwoch bis zur Fastnacht näherten sich die unterschiedlichen Mentalitäten wie sonst nie. In der Zeit des Faschings fühlten wir uns unserem Land näher.

Es war beeindruckend, den starren Professor zu sehen, der sich zwischen Luftschlangen, Konfetti und Bier so locker verhielt. In dieser Zeit wurden undenkbare Annährungen außerhalb des sonstigen Kontextes gestattet. Wir erinnern uns gerade an eine Gelegenheit, in der ein sonst so starrer Professor eine für die seGelegenheit vorbereitete Rede mit einem Kehrreim las, der mit gewisser Periodizität wiederholte und der von einem sehr lustigen Publikum ergänzt wurde. Der Kehrreim des Lehrers begann mit folgender Satz: C zwei, H.… fünf...  und das Publikum endete die Formel mit ein lauter: OH, OH!! Es war eine in einem drolligen Ton vorbereitete Ode mit dem Äthanol als Protagonist.

Als die Jahre vorbeigegangen sind, erinnerten wir uns – schon zu reifen Professoren gewachsen – mit Sehnsucht an diese entfernten Zeiten. Wie wir manchmal unseren Schülern erzählen: Das waren Zeiten, in denen weder Internet noch Handys oder Tablets existierten, der PC war gerade entwickelt und trotzdem amüsierten wir uns, weil es Spaß immer geben muss!!

(Aus Gründen der Authentizität wurde die Erzählung im Originalduktus veröffentlicht - d.Red.)

Heute ist einer der Autoren – Arbelio Penton Madrigal – Regionalbotschafter der TU Dresden auf Kuba. Als solcher sorgt er bei Bedarf dafür, dass interessierte TUD-Studierende in Kuba ein Auslandssemester oder -praktikum absolvieren können.