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Lesererzählungen

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Ein Rektoratsverweis
Rolf Ohl

Angeregt durch den Artikel von Eberhard Schröder „Prorektor Turski“ ist mir noch eine Episode im Rahmen „Mit dem Motorrad durch den Zeunerbau“ eingefallen.

Im Dezember 1953 beendete ich das Vorpraktikum in einem Leipziger Betrieb in Plagwitz. Vor Weihnachten fuhr ich mit meinen Eltern zu Besuch nach Westdeutschland ins Saargebiet. Von dort brachte ich ein Paar Damenschuhe mit, die ich dann einem jungen Mädchen schenkte, das ich mehr oder weniger platonisch verehrte, und welches in dem o. g. Betrieb arbeitete. Es waren noch weitere Studenten und -innen in diesem Betrieb zum Vorpraktikum, von denen offenbar einer „Meldung“ machte.

Es war offenbar kein Geheimnis geblieben, dass ich dieser jungen Kollegin ein Paar Schuhe geschenkt hatte, denn als ich Anfang Januar 1954 das Studium für Maschinenbau an der TH Dresden begann, wurde ich sofort in das Prorektorat einbestellt. Der Prorektor Herr Turski empfing mich und hielt mir mein „klassenfeindliches“ Verhalten vor und was ich mir denn dabei gedacht hätte. Auf so eine Idee war ich natürlich nicht gekommen, dass so ein Geschenk so dramatische Folgen haben könnte. Am Ende der recht kurzen Diskussion eröffnete mir der Herr Prorektor, dass ich einen „Rektoratsverweis“ erhalte und bei der nächsten kleinen „Verfehlung“ das Studium für mich beendet sei.

Bei den „Streichen", die in der Broschüre „Mit dem Motorrad durch den Zeunerbau“ bereits veröffentlicht sind und die auch ein paar Jahre später stattfanden, habe ich dann wohl nicht mehr an den Rektoratsverweis gedacht, aber im Jahr 1954 schwebte er auf alle Fälle wie ein Damoklesschwert über mir.