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Katrin Boes, Public Relations Officer
DFG-Center for Regenerative Therapies Dresden
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Regenerationswunder?
Steffi Eckold

Ein mexikanischer Schwanzlurch versetzte bereits um 1804 die Wissenschaft in Erstaunen: Das Axolotl aus der Familie der Querzahnmolche, auch Breitkopfsalamander genannt.

Schon der Name, der aus der aztekischen Sprache Nahuatl stammt, verheißt Ungewöhnliches: Er setzt sich aus den Bestandteilen „Atl“ für „Wasser“ und Xolotl, dem aztekischen Gott der Unterwelt, des Blitzes, des Todes und des Unglücks, zusammen. Nicht weniger als ein Wassermonster ist das Axolotl der Übersetzung nach.

Um 1804 brachte der Forscher Alexander von Humboldt zwei Axolotl-Weibchen mit nach Europa, wo sie dem Pariser Publikum im Naturkundemuseum als exotische Kuriosität präsentiert wurden. Vieles ist an ihm ungewöhnlich: Als Schwanzlurch ist ein Axolotl neoten, das heißt er verbleibt sein Leben lang im Larvenstadium und wird bereits in dieser Zeit – mit entwickelten Beinen, aber noch mit Kiemen – geschlechtsreif. Die Metamorphose zu einem am Land lebenden Lurch unterbleibt, weil Axolotl an einem angeborenen Schilddrüsendeffekt leiden, wodurch zu wenig Reifungshormone ausgeschüttet werden. Nur wenn ein Axolotl künstlich Reifungshormone erhält, kann er zu einem erwachsenen Tier heranwachsen und an Land gehen. Als Larve wächst das Axolotl lebenslang und erreicht eine Länge von kaum über 25 cm.

© CRTD/Boes; Das Axolotl bleibt ein Leben lang im Larvenstadium
© CRTD/Boes; Das Axolotl bleibt ein Leben lang im Larvenstadium
Forscher an der TU Dresden interessieren sich derzeit jedoch vor allem für eine erstaunliche Fähigkeit des Axolotl: Der Molch kann Gliedmaßen, Organe und selbst Teile des Gehirns und Herzens vollständig regenerieren. Seit 2007 forscht das Team um Prof. Dr. Elly Tanaka am DFG-Forschungszentrum für Regenerative Therapien Dresden (CRTD), dem einzigen ostdeutschen Exzellenzcluster, an der Regeneration von Gliedmaßen beim Axolotl. Die im Jahr 2009 vorgestellte Studie ist gemeinsam mit dem Max-Planck-Institut für Molekulare Zellbiologie und Genetik, wo Prof. Tanaka von 1999 bis 2007 als Forschungsgruppenleiterin mit gleichartigen Untersuchungen beschäftigt war, sowie dem Institut für Anatomie an der Medizinischen Fakultät der TU Dresden entstanden.

Dem Team stehen am CRTD hunderte Tiere für Untersuchungen zur Verfügung. Dabei werden den Tieren unter anderem Gliedmaßen unter Narkose entfernt, um Regenerationsvorgänge untersuchen zu können. Im letzten Jahr stellte das Team erstmals Forschungsergebnisse vor, die völlig neue Perspektiven für die Regenerative Medizin eröffnen. Wachsen Gliedmaßen nach, so entwickeln sich diese normalerweise nicht aus sogenannten „pluripotenten Alleskönnern“ – also Zellen, die sich zu jedem Zelltyp eines Organismus entwickeln können – sondern aus Zellen, die in ihrer Entwicklungsfähigkeit eingeschränkt sind. Beim Axolotl, dessen Gliedmaßen vollständig und funktionstüchtig nachwachsen, ging man bisher davon aus, dass sich bei der Regeneration Gewebe von Gliedmaßen in pluripotente Alleskönner zurückentwickelt und sich anschließend neue Zellen bilden. Die Untersuchungen am CRTD ergaben nun, dass sich die Zellen nicht rückentwickeln. Nach einer Verletzung bildet sich beim Axolotl stattdessen über der Wunde eine Zone von undifferenzierten Vorläuferzellen, auch Blastema genannt. Vorangegangene Studien am CRTD sehen das Blastema als eine homogene Ansammlung eines Zelltyps, der die Fähigkeit besitzt, sich in alle anderen Zelltypen zu entwickeln. „Die Zellen entwickeln sich nicht in ein pluripotentes Stadium zurück und behalten eine starke Erinnerung an ihre Herkunft. Das Blastema ist demzufolge ein heterogener Pool von Vorläuferzellen mit begrenztem Entwicklungspotenzial“, so Prof. Tanaka. Weitere Untersuchungen ergaben, dass nicht alle Vorläuferzellen bereits eine sogenannte „Positions-Identität“ besitzen. „Blastema-Zellen, die aus dem Knorpel abgeleitet werden, behalten ihre Positions-Identität, wissen also genau, wohin sie im neuen Glied gehören. Hingegen Zellen, die aus Schwanz-Zellen entstehen, behalten diese Identität nicht“, erklärt Prof. Tanaka.

Für die zukünftige Forschung im Bereich der regenerativen Medizin haben die bisherigen Ergebnisse bereits wichtige Auswirkungen. „Zum ersten Mal wurde festgestellt, dass sich die Zellen im Regenerationswunder Axolotl wie Zellen in Säugetieren verhalten und nicht so verschieden von unseren sind“, so Prof. Tanaka. Auch wenn sich die Zellen des Axolotls nicht in ein pluripotentes Stadium zurückentwickeln, werden sie dennoch „reprogrammiert“. Wie genau diese Reprogrammierung vor sich geht, ist derzeit noch unbekannt. Weitere Studien werden sich daher mit verschiedenen Genen beschäftigen, die für die Regeneration wichtig sind.