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Wissenschaft und Technik

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Bundeswehrsoldaten im Auslandseinsatz
Dagmar Möbius

Rund zwei Prozent, das sind etwa 300 aller deutschen Bundeswehrsoldaten, die im Jahre 2009 an einem Auslandseinsatz in Afghanistan im Rahmen der ISAF-Mission teilgenommen haben, kehrten mit einer Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) aus dem Einsatz zurück.

© (2) H.Goehler; Die Afghanistan-Auslandseinsätze sind nahezu bei allen Soldaten mit hohen Belastungen verbunden.
© (2) H.Goehler; Die Afghanistan-Auslandseinsätze sind nahezu bei allen Soldaten mit hohen Belastungen verbunden.
Dies ist eines der Ergebnisse eines Forschungsprogramms der TU Dresden (TUD) zu den Folgen von Auslandseinsätzen der deutschen Bundeswehr, die Professor Hans-Ulrich Wittchen und Dr. Sabine Schönfeld vom Institut für Klinische Psychologie und dem „Center of Clinical Epidemiology and Longitudinal Studies“ der TUD durchgeführt haben.

Lediglich jeder Zweite der Betroffenen hat in den zwölf Monaten nach dem Einsatz professionelle Hilfe aufgesucht. Dies weist im Zusammenhang mit früheren Daten aus Behandlungseinrichtungen der Bundeswehr darauf hin, dass es eine nicht unerhebliche jährliche Dunkelziffer (150 von 300 Betroffenen) gibt. Im Unterschied dazu wurde bei vergleichbaren Soldatinnen und Soldaten ohne Auslandseinsatz nur bei 0,3 Prozent eine PTBS festgestellt. Die Soldaten in den Afghanistan-Missionen der Bundeswehr haben also ein 6- bis 10-fach erhöhtes Erkrankungsrisiko.

Erstaunlich ist, dass bei gleichen methodischen Standards die Raten der deutschen Soldaten gravierend niedriger sind als beispielsweise die PTBS-Raten bei englischen und amerikanischen Soldaten, die im Irak oder in Afghanistan im Einsatz waren. Die Studienleiter vermuten, dass dies mit besseren Auswahlkriterien der Bundeswehr für Auslandseinsätze, einer besseren Einsatzvorbereitung, mit einer kürzeren Einsatzdauer (vier bis fünf Monate statt ein bis zwei Jahre) und einer niedrigeren unmittelbaren Exposition an kriegerischen Kampfsituationen zusammenhängt.

Die scheinbar niedrige Rate an PTBS darf allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Afghanistan-Auslandseinsätze nahezu bei allen Soldaten mit hohen Belastungen verbunden sind. Belastende einsatzbezogene Ereignisse (Kampf-, Verletzungs- und Todeskonfrontation) kommen in der überwiegenden Mehrzahl mehrfach in der Einsatzzeit vor, die Soldaten berichten von mehr als 20 solchen Ereignissen; Kampftruppen in Kunduz nahezu doppelt so häufig wie andere Truppenteile und an anderen Standorten. Ein hoher Anteil der Soldaten erlebte multiple traumatische Ereignisse.

Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass die Größenordnung des Problems zwar erheblich, aber nicht so dramatisch erhöht ist, wie es gelegentlich in der Öffentlichkeit vermutet wurde.

Ein hoher Anteil der Soldaten und Soldatinnen erlebte multiple traumatische Ereignisse während des Auslandseinsatzes.
Ein hoher Anteil der Soldaten und Soldatinnen erlebte multiple traumatische Ereignisse während des Auslandseinsatzes.
Die TUD-Psychologen weisen darauf hin, andere psychische Störungen, insbesondere Angst, depressive und somatoforme Störungen sowie Erschöpfungssyndrome, nicht zugunsten einer zu starken Fokussierung auf die PTBS aus den Augen zu verlieren. Diese Störungen haben ein quantitativ sehr viel größeres Ausmaß. Zwar sind diesbezüglich Soldaten und Soldatinnen der Bundeswehr nicht häufiger betroffen als die deutsche Durchschnittsbevölkerung. Aber auch bei Bundeswehrsoldaten werden derartige psychische Störungen häufig nicht frühzeitig erkannt und adäquat behandelt.

Derartige unerkannte, vor den Auslandseinsätzen bestehende Störungen können ein zusätzlicher Risikofaktor für eine PTBS-Entwicklung sein. Deshalb sollten psychische Störungen insgesamt und auch unabhängig von Auslandseinsätzen in der Bundeswehr mehr Aufmerksamkeit erhalten.

Die vorgestellten Ergebnisse der weltweit einmalig differenzierten Studie beruhen auf der Auswertung der ersten von insgesamt fünf Fragestellungsgruppen. Bislang können daher zunächst nur Fragen nach der Häufigkeit einer einsatzbezogenen PTBS sowie der „Dunkelziffer“ beantwortet werden.

Aufgezeichnete Interviews mit Prof. Hans-Ulrich Wittchen und Dr. Sabine Schönfeld stehen bereit und können in sendefähiger Qualität heruntergeladen werden.

(Klick mit rechter Maustaste auf Dateinamen, Ziel speichern unter – Ladezeit mehrere Minuten, die Dateien sind jeweils zwischen 500 MB und 7 GB groß, nur für professionelle Schnittsoftware geeignet)

http://unimarketing.file2.wcms.tu-dresden.de/Schoenfeld_Avid.mov

http://unimarketing.file2.wcms.tu-dresden.de/Wittchen_Avid.mov

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http://unimarketing.file2.wcms.tu-dresden.de/Insert_Wittchen_Avid.mov

Die Präsentation von Prof. Wittchen (pdf) kann HIER gelesen werden!