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Dr. Peggy Looks
Beauftragte WHO-Projekt "Gesunde Städte"
Landeshauptstadt Dresden

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Öffentliche Gesundheit als Universalauftrag
Dagmar Möbius

Noch vor dem Abitur war Peggy Looks klar, dass sie gesellschaftliche Zusammenhänge erforschen möchte. Seit 2011 engagiert sich die promovierte Soziologin als Beauftragte der WHO für das Projekt „Gesunde Städte“ in Dresden.

Noch hat die heute 43-Jährige keinen Wikipedia-Eintrag der „Söhne und Töchter“ ihrer Geburtsstadt Meerane. Das könnte sich ändern, denn als Beauftragte der Weltgesundheitsorganisation wirbt Dr. Peggy Looks seit sechs Jahren nicht nur für ein gesundes Dresden, sondern für „Gesunde Städte“ überhaupt. Bis vor einem Jahr war die sächsische Landeshauptstadt die einzige deutsche Stadt, die dem Europäischen WHO- Netzwerk „Healthy Cities" angehörte. Im deutschen Netzwerk „Gesunde Städte“ sind rund 80 Städte aktiv. 

© privat; Dr. Peggy Looks ist Beauftragte der Weltgesundheitsorganisation im Projekt "Gesunde Städte" in Dresden.
© privat; Dr. Peggy Looks ist Beauftragte der Weltgesundheitsorganisation im Projekt "Gesunde Städte" in Dresden.
Der Weg zum Herzensprojekt

Zur Schule ging Peggy Looks im erzgebirgischen Glauchau im heutigen Landkreis Zwickau. „Unbedingt ein universitäres Studium“ stand auf ihrem Lebensplan. Sie interessierte sich für gesellschaftliche Zusammenhänge und begann 1993 ein Soziologie-Studium mit den Nebenfächern Psychologie und Pädagogik an der TU Chemnitz. Nach dem Vordiplom 1995 wechselte sie in den Magisterstudiengang Soziologie mit den Nebenfächern Psychologie und Erziehungswissenschaften an der TU Dresden. „Ich entschied mich zu diesem Schritt, weil die TU Dresden in den Nebenfächern wesentlich breiter aufgestellt war“, erinnert sie sich. In der Arbeits- und Organisationspsychologie begeisterten sie besonders Prof. Bärbel Bergmann, Prof. Peter Richter und Prof. Winfried Hacker, in den Erziehungswissenschaften die Erwachsenenbildung, vor allem Prof. Gisela Wiesner und Prof. Wolfgang Ihbe. „Die sozialwissenschaftliche Methodenausbildung war unglaublich innovativ“, lobt sie. Und: „Bei hohem wissenschaftlichem Anspruch wurde praxisorientiert gelehrt.“

Was sie im Studium über Arbeit im Team, Lösung komplexer Probleme und Methodenkompetenz beim Herangehen an Projekte und Aufgaben lernte, betrachtet sie als stabile Basis ihres beruflichen Handelns. Doch Peggy Looks erkannte: „Die Sozialwissenschaften können nicht abgegrenzt gesehen werden, wenn man komplexe Prozesse der Gesellschaft und des menschlichen Zusammenlebens begreifen möchte.“ Damals nicht selbstverständlich war ihr Entschluss, ihre empirische Magisterarbeit zur Untersuchung von ostdeutschen Berufskarrieren als Soziologin im Fach Psychologie zu verfassen.

Optimal auf das Berufsleben vorbereitet
Einen Tag nach ihrer Abschlussprüfung startete Peggy Looks als wissenschaftliche Mitarbeiterin bei Prof. Bärbel Bergmann. „Hier war das Lernen noch längst nicht zu Ende“, lacht sie und würdigt: „Viele Kompetenzen, von denen ich heute noch profitiere, habe ich hier im Team erlangt.“ Im Jahr 2000 ergab sich die Möglichkeit, an die Medizinische Fakultät der TU Dresden zu wechseln. „Bei Prof. Wilhelm Kirch (†) im Forschungsverbund Public Health Sachsen lernte ich interdisziplinäre Arbeit noch mehr begreifen.“ Auf die internationale Zusammenarbeit fühlte sie sich durch ihr 1997 absolviertes Auslandsstudium an der finnischen University of Oulu vorbereitet. Professor Kirch legte den Grundstein für Peggy Looks‘ bis heute anhaltende Begeisterung zu Public Health. Er unterstützte sie als Doktorvater bei ihrer Dissertation an der Medizinischen Fakultät. Als zweiten Doktorvater suchte sie sich Prof. Heiner Drerup von der Fakultät Erziehungswissenschaften. 2002 promovierte sie über den Enthospitalisierungsprozess von Langzeitpatienten aus den psychiatrischen Großkrankenhäusern in Sachsen – ein Thema, mit dem sie heute eher selten zu tun hat. Mehr als acht Jahre arbeitete Dr. Peggy Looks anschließend als leitende wissenschaftliche Mitarbeiterin der Arbeitsgruppe „Wissen-Denken-Handeln“ der TU Dresden bei Prof. Winfried Hacker, dessen Wissen, Herangehensweisen und Fähigkeiten sie begeisterten. Zahlreiche Arbeits- und Gesundheitsschutz-Projekte, zum Beispiel zu lebenslangem Lernen, Erhalt der Leistungsfähigkeit im demografischen Wandel oder Verhaltens- und Verhältnisprävention bei Lehrern verantwortete sie bis 2011. Um auch wirtschaftliche Prozesse verstehen zu können, absolvierte sie zwischen 2007 und 2010 ein berufsbegleitendes Masterstudium Ökonomie und Management an der TU Kaiserslautern.

© privat; Im Rahmen des EU-Projektes "Walking People - It´s never too late to start" wurden in verschiedenen Stadtgebieten in Dresden Lauf- und Bewegungsstrecken eingerichtet, um die Bürger zum Spazierengehen, Jogging oder Walking anzuregen.
© privat; Im Rahmen des EU-Projektes "Walking People - It´s never too late to start" wurden in verschiedenen Stadtgebieten in Dresden Lauf- und Bewegungsstrecken eingerichtet, um die Bürger zum Spazierengehen, Jogging oder Walking anzuregen.
Alleinstellungsmerkmal: lebendige Kooperationen

Als die Landeshauptstadt Dresden, seit 1991 im Europäischen Netzwerk „Gesunde Städte“ aktiv, die Stelle eines Verantwortlichen ausschrieb, bewarb sich Dr. Peggy Looks. Seit 2011 ist sie „Beauftragte WHO-Projekt ‚Gesunde Städte‘“ – eine Ein-Frau-Abteilung, deren Aufgabe die kommunale Gesundheitsförderung ist: gesundheitliche Chancengerechtigkeit, Gesundheits- und Infektionsschutz, Prävention und vieles mehr. „Das lässt sich natürlich nur interdisziplinär lösen“, sagt die Expertin für öffentliche Gesundheit. Sie kooperiert mit dem Umweltamt, der Verkehrsentwicklung, dem Gesundheitsamt oder dem Jugendamt und arbeitet in zahlreichen Arbeitsgruppen mit. „Wenn es um Lärmminderung oder den Luftreinhalteplan geht, bin ich immer involviert“, nennt sie zwei Beispiele. „Dass so gut zusammengearbeitet wird, ist nicht überall selbstverständlich“, betont sie. Bei Fachthemen sind zudem unterschiedliche Professuren der TU Dresden involviert. Sehr gern arbeitet Peggy Looks mit Studierenden zusammen, die sie im Rahmen von Praktika oder Studienarbeiten unterstützt. Benötigt sie selbst einen fachlichen Rat, ruft sie ihre ehemaligen Kollegen an. Der internationale Austausch im Europäischen WHO-Netzwerk „Healthy Cities“ nutzt nicht nur der Stadt, er begeistert sie auch persönlich.

Wie Dresden (noch) gesünder werden soll
„Es gibt viel zu tun“, schmunzelt die Wahl-Dresdnerin. Sie will die körperliche Aktivität der Einwohner fördern, Angebote für Inaktive und sozial Benachteiligte schaffen und sich für gesundes, aktives Altern und alternative Verkehrsmittel einsetzen. „Prävention darf mit 50 nicht aufhören“, sagt sie. In mehreren Stadtteilen sind bereits Seniorenspaziergänge etabliert. Derzeit ist ein weiterer für den Stadtteil Plauen in Planung, zu dem der TU-Campus gehört. Bürger konnten und können für das Projekt Lieblingsplätze und Besonderheiten nennen, die in eine Begleitbroschüre einfließen. Das Vorhaben wurde vor zwei Jahren von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung ausgezeichnet und wird nicht nur für Klassentreffen sehr stark nachgefragt. Für alle Altersgruppen ist „Fit im Park“ gedacht. Das kostenfreie, einstündige Sport- und Bewegungsangebot findet mit ausgebildeten Trainern auf öffentlichen Grünflächen statt und kann ohne Anmeldung aufgesucht werden.

Dr. Peggy Looks läuft selbst viel. Oder sie radelt zu den über das gesamte Stadtgebiet verteilten Rathaus-Dienststellen. In ihrer Freizeit trainiert sie Fitness und wandert. Sie sagt: „Wenn man selbst ungesund lebt, sollte man nicht anderen etwas über Gesundheitsförderung erzählen.“