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DIU Dresden International University – ein Unternehmen der TUDAG (Technische Universität Dresden AG)
Gründung der DIU: 2003
Studiengänge: 41
Kompetenzzentren: 5
Studierende: 2300 (6/2018)
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Weiterbildung

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„Menschen müssen lernen umzudenken.”
Dagmar Möbius

Die digitalisierte, vernetzte Gesellschaft ist in aller Munde. Auch im Krankenhaus. Zweifellos erfordert das Gesundheitswesen 4.0 neue Qualifikationen. Aber welche? Zwei Mediziner und ein Kaufmännischer Direktor im Streitgespräch.

„Wenn man uns in 500 Jahren ausgräbt, denkt man, man hätte Betten in Papierburgen gestellt“, sagt Dr. med. Holger Sebastian. Er ist Chefarzt der Anästhesie und Intensivmedizin im Elblandklinikum Meißen. Zudem fungiert er als wissenschaftlicher Leiter des Bachelorstudiengangs Management für Gesundheitsfachberufe an der Dresden International University (DIU). Und er absolviert momentan selbst ein berufsbegleitendes Masterstudium Medizinrecht an der DIU, die als Weiterbildungsuniversität der TU Dresden gilt.

© Andreas E. Gebhardt, Dr. Kornelia Möser und Chefarzt Dr. Holger Sebastian (von links) bereiten angehende Führungskräfte im Gesundheitswesen an der DIU auf die Herausforderungen der Zukunft vor.
© Andreas E. Gebhardt, Dr. Kornelia Möser und Chefarzt Dr. Holger Sebastian (von links) bereiten angehende Führungskräfte im Gesundheitswesen an der DIU auf die Herausforderungen der Zukunft vor.

„Er ist einer der Ausnahmen, die sich ständig verändern“, lobt Dr. Kornelia Möser. Sie leitet das Kompetenzzentrum Gesundheitswissenschaften und Medizin an der DIU. „Es liegt an uns Ärzten, wenn wir uns nicht auskennen. Wir müssen ein Verständnis entwickeln für Informationstechnologie, Versorgungsprobleme oder Recht“, findet Sebastian. Als Mediziner wünscht er sich, dass erhobene Daten allen zur Verfügung stehen, dass man sich vernetzt und austauscht.

Auch Diplom-Pädagoge Andreas E. Gebhardt befürwortet die Digitalisierung im Gesundheitswesen. Doch der Kaufmännische Direktor des MediClin Herzzentrums Coswig (Sachsen-Anhalt) und Referent an der DIU sieht auch Probleme: „Es gibt viele Spieler im System. Die Selbstverwaltung nützt denen, die sie aufgebaut haben. Funktionäre wollen keine Macht abgeben.“

Was sich künftig ändern muss

„Der technologische Wandel geht einher mit Change Management“, gibt Dr. Kornelia Möser ein Stichwort. Die kürzlich erlaubte ärztliche Fernbehandlung nennt Chefarzt Sebastian als Beispiel. Er sagt: „Die Leute müssen lernen umzudenken. Die Jugend ist ungeduldig – Verschiedenes muss sich ändern. Dinge müssen aufeinander abgestimmt werden. Prozesse müssen an Menschen und Umstände angepasst werden.“

„Die Ärzteschaft ist der größte Verhinderer“, wendet Andreas Gebhardt ein. Aber der Sozialwissenschaftler weiß auch: „Veränderung bedingt Verhaltensänderung.“ Betroffenheit muss erzeugt werden. Als größten Treiber in der Gesundheitswirtschaft hat er Geld verdienen wollende Mediziner identifiziert, die sich fragen müssen, was sie machen und was sie wollen. Das polarisierende Argument schlägt ihm die Brücke zu Führungsqualitäten. „Entscheidungen zu treffen, ist das Wichtigste im Change Management.“ Zu oft habe man es noch mit einer „hierarchischen Kommandostruktur“ zu tun.

© PantherMedia_lightsource
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Interprofessionelle Teams und mehr Spieltheorie


Dr. Holger Sebastian will, dass sich sein Elblandklinikum lieber an Qualität misst. „Es muss jemanden außer dem Chef geben, der Ideen hat. Leider wollen zu wenige Verantwortung übernehmen“, bedauert er. Die Medizin der Zukunft sieht er in interprofessionellen Behandlungsteams, „weil multimorbide Patienten Standard sind“. Dass Daten von ambulanten Ärzten in der Klinik aus rechtlichen Gründen neu erhoben werden müssen, hält er für Irrsinn und hofft, dass so etwas in fünf Jahren nicht mehr möglich sein wird. Die Teilung ambulant/stationär müsse aufgehoben werden, wenn man effektiver arbeiten wolle.

„Wer führen will, muss Menschen lieben“, sagt Andreas Gebhardt. Er plädiert dafür, Führungskräfte als Multiplikatoren zu entwickeln: „Man muss sich mit Leuten umgeben, die Fachleute kennen und weiter vernetzen.“ Er wünscht sich, mehr Spieltheorie zuzulassen. Das erlaube, anders mit der eigenen Welt umzugehen. Technik gestalte vieles schneller und sicherer, doch allein nütze sie nichts.
Die Mitarbeiter müssten dem Management und der Technik vertrauen und keine Angst haben.
Für Chefarzt Sebastian beginnt die notwendige Qualifizierung noch viel früher. Angesichts eines heutigen Frauenanteils von 70 Prozent in der Medizin sehe man, wie wichtig es ist, allen Kindern eine gute Grundausbildung geben.