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TU Dresden
Dr. Falk Liebner
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Campus und Forschung

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Tharandter Forscher begrünen die arabische Wüste
Susann Mayer/Kim-Astrid Magister

NOVIHUM – so der Name des Zaubermittels, das für frisches Grün selbst in der Wüste sorgt.

© Hanfpalme April 2001
© Hanfpalme April 2001
NOVIHUM ist die patentierte Kurzform für „novel artificial humus and long term fertilizer" und bedeutet einen neuartigern Humusersatzstoff. Entwickelt wurde es am Institut für Pflanzen- und Holzchemie der Fakultät Forst-, Geo- und Hydrowissenschaften der TUD in enger Zusammenarbeit mit dem Forschungsinstitut für Bergbaufolgelandschaften e.V., Finsterwalde (FIB).

Rückblick
Die letzten beiden Jahrhunderte nahmen durch Bergbau, Industrie und Infrastruktur Schäden auf der gesamten Erde riesige Flächen in Anspruch. Zudem hat in vielen Ländern der unvernünftige Umgang mit der Naturressource Holz zu massiven Erosionsproblemen und gravierenden Landverlusten geführt. Diese Schäden gilt es zu begrenzen, beispielsweise durch Rekultivierung von Bergbaufolgelandschaften. Doch eine erfolgreiche Initialbegrünung bedarf guter Bedingungen im Boden; neben Nährstoffen sind das mikrobiell verwertbare organische Substanzen als Grundlage für hochwertigen Humus. Während die Versorgung mit Nährstoffen meist unproblematisch ist, gestaltet sich die Bereitstellung von Humus immer schwieriger. Denn die Bildung dieser Humusfraktionen dauert auf natürlichem Wege mehrere Jahrzehnte. Parallel dazu wächst der Bedarf ständig.
„Um diesen Bedarf decken zu können, müssen entweder geogene Ressourcen wie Torfe genutzt oder organische Massenabfälle wie Komposte oder Klärschlämme verwendet werden", erläutert Dr. Falk Liebner, Diplom-Chemiker an der TU Dresden. "Problematisch dabei ist, dass die Zusammensetzung solcher Substanzen oft wechselt und sie häufig erhöhte Schadstoffgehalte aufweisen."

Die Idee
Die ökonomisch und ökologisch sinnvolle Alternative: der Einsatz von künstlichem Humus. Er kann aus schwefelarmen, technischen Ligninen hergestellt werden. „Lignin ist der Stoff, der den für die Pflanzen wichtigen Stickstoff frei setzt", so Liebner. "Nach Zellulose ist Lignin das zweithäufigste Polymer und als nachwachsender Rohstoff eine quasi nie versiegende Quelle für eine Vielzahl organischer Produkte. Trotzdem sind bis heute nur wenige Anwendungsgebiete für die Verwertung von Lignin erschlossen worden." Technische Lignine, die bei der Zellstoffherstellung in großen Mengen anfallen, erwiesen sich als geeignet für das zukunftsweisende Projekt. So gelang es den TU-Forschern um Prof. Fischer, Direktor des Instituts für Pflanzenchemie und Holzchemie, mit NOVIHUM einen Humusersatzstoff und Langzeit-Dünger zu entwickeln, der praktisch für alle Rekultivierungs- und Begrünungsmaßnahmen eingesetzt werden kann.

Hanfpalme Oktober 2001
Hanfpalme Oktober 2001
Die Realisierung
Ausgangsstoffe für die Herstellung von NOVIHUM sind Braunkohle und Abfallprodukte der Zellstoffgewinnung (die bisher zum großen Teil noch verbrannt werden). Dass diese Erfindung auch ausgiebig im Rahmen von Feldtests getestet werden konnte – eine Voraussetzung für die beabsichtigte Großproduktion und weltweite Vermarktung – ist neben dem Bundesministerium für Bildung und Forschung auch dem Kooperationspartner NSG Sanierungsgesellschaft in der Niederlausitz mbH zu danken. Eine Pilotanlage spuckt nun täglich rund 80 Kilogramm NOVIHUM aus.

Getestet wird der Dünger einmal direkt vor der Haustür: Halden des Uranbergbaus im Westteil des Erzgebirges rekultiviert man üblicherweise durch ganzflächigen Auftrag von Mineralboden, rasche extensive Begrünung und schließlich Pflanzung von Gehölzen. Im dortigen Schlema nun wird die unabgedeckte Halde mit verschiedenen NOVIHUM-Varianten bestockt und die Bewuchsentwicklung bei den für Mitteleuropa klimatisch äußerst ungünstigen Bedingungen geprüft. Weitere Testreihen führen die Wissenschaftler in Griechenland und in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Im Emirat Abu Dhabi entwickeln sich Hibiskus, Hanfpalmen und Bermudagras trotz Bodentemperaturen von ca. 60 Grad Celsius und sehr salzigem Boden prächtig. Dank NOVIHUM, dem Zaubermittel aus Dresden.