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Langer Atem für die „In Harmony“-App
Dagmar Möbius

Wer piepende, summende oder rauschende Ohrgeräusche schon einmal erlebt hat, kann nachvollziehen, warum Betroffene diese gestörte Hörfunktion schnell wieder loswerden möchten. Mit „In Harmony“ haben Absolventen der TU Dresden eine App entwickelt, die helfen soll, das Tinnitus-Problem zu minimieren.


© H. Goehler; Tinnitus bewirkt tiefgreifende Beeinträchtigungen bei Betroffenen.
© H. Goehler; Tinnitus bewirkt tiefgreifende Beeinträchtigungen bei Betroffenen.
Oft sind damit zudem psychosomatische Störungen bis hin zu Depressionen verbunden. Über die Häufigkeit von chronischem Tinnitus, das heißt länger als drei Monate bestehenden Beschwerden, existieren widersprüchliche Zahlen. Sicher ist, dass in Deutschland pro Jahr eine sechsstellige Zahl neuer Fälle hinzukommt. Europaweit ist von zehn Millionen Tinnitus-Geplagten auszugehen. Medikamente und Psychotherapie können die Beschwerden lindern. Eine komplette Heilung von chronischem Tinnitus ist selten.

Informatiker Martin Spindler und Ingenieur Matthias Lippmann beschäftigen sich seit 2013 mit einer Lösung für das Problem. Anfangs innerhalb der interdisziplinären Forschungsgruppe „In Harmony“ am Lehrstuhl für Mensch-Computer-Interaktion der TU Dresden, in der sie eine Software entwickelten, die Tinnitus-Patienten mit Musik eigener Wahl helfen soll, ihre Symptome zu „überhören“. Ein Algorithmus analysiert die Melodie und synchronisiert sie mit dem Tinnituston. So wird dieser nicht mehr als störend empfunden. Tests mit Freiwilligen ermutigten. Doch als der Partner dieses Forschungsprojektes die Konzeptidee nicht verwerten wollte, ist die Gründung beschlossene Sache. Betriebswirtschaftler Steven Mack lernte das Duo bei einem Businessplan-Seminar kennen und stieg anschließend mit ein. Mehrere Förderungen und (unter anderem) die Nominierung zum Sächsischen Gründerpreis 2019 folgen.

Im Mai 2019 wird das Unternehmen gegründet. Im Juli 2020 wird „In Harmony“ als investförderfähiges Start-up eingestuft. Bis hierher haben die Gründer einiges Lehrgeld gezahlt. Wie viel Beharrlichkeit und langen Atem man braucht, gaben sie in einem Interview für dresden|exists zu Protokoll. Das Orientieren in einem noch unerschlossenen Markt und die damit verbundenen Unklarheiten nennen sie große Herausforderungen.

Perspektivisch wollen Martin Spindler, Matthias Lippmann und Steven Mack ihre App als Software-Medizinprodukt zulassen lassen. Dazu meint Herr Spindler: „Wir suchen ab sofort Appentwickler, um unser Produkt auszubauen und marktreif zu machen. Wenn sich unter den Interessierten TUD-Alumni befinden, freuen wir uns besonders. Detaillierte Stellenbeschreibungen sind auf unserer Homepage zu finden.“

Potenzielle Nutzer/innen können die App selbstständig anwenden, sollen sie verschrieben und die Kosten von ihrer Krankenkasse erstattet bekommen. Bis dahin wollen die Gründer in Kooperation mit der Klinik und Poliklinik für HNO-Heilkunde am Universitätsklinikum eine klinische Studie durchführen, zu der sich geeignete Interessenten online anmelden können. Das Verfahren wird momentan am Universitätsklinikum evaluiert. Im Herbst können die ersten Probanden einen Termin bekommen.

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Archiv "In Harmony"; Das Ausgründerteam von "IN HARMONY": Matthias Lippmann, Martin Spindler, Steven Mack (v.l.n.r.)
Archiv "In Harmony"; Das Ausgründerteam von "IN HARMONY": Matthias Lippmann, Martin Spindler, Steven Mack (v.l.n.r.)