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Die Tanne in Lehre und Weihnachtsalltag |
Tannen gehören zu Weihnachten wie Bratapfel, Glühwein, Plätzchen, Stollen und Zimt. Der geschmückte Weihnachtsbaum, unter dem sich die Familie versammelt, hat seine Wurzeln in heidnischen Bräuchen. So haben die Germanen Tannenzweige zur Wintersonnenwende vor ihren Häusern platziert.
Was Sie vielleicht schon immer über die beliebten Bäume wissen wollten, erfragte Kontakt-online bei Dr. Barbara Ditsch, Wissenschaftliche Leiterin im Botanischen Garten der TUD.
Welche Rolle spielt die Tanne in der Lehre, für Sie selbst und im Allgemeinen?
Studierende der Biologie, Forstwirtschaft und Landschaftsarchitektur sollten den einheimischen Nadelbaum kennen: Im Biologiestudium erarbeiten sie am Beispiel der Tanne den Zapfenbau und die Ausbreitungsökologie von Kieferngewächsen. Für mich sind Tannenzweige tatsächlich das bevorzugte „Adventsgrün“. Einen Weihnachtsbaum haben wir nicht, und unser Garten bietet für eine Tanne keinen geeigneten Platz. Allgemein zählt die heimische Weißtanne im Bayrischen Wald und im Schwarzwald zu den prägenden Baumarten, ihr hiesiges Hauptverbreitungsgebiet liegt also in Süddeutschland. Die Art hat extrem stark unter der Luftverschmutzung der 1970er- und 1980er-Jahre („Saurer Regen“) gelitten. In Sachsen brachte dies die Tanne an den Rand der Ausrottung. Industrielle Veränderungen haben die Ursachen des dramatischen Rückgangs inzwischen beseitigt. Die sächsischen Forstbaumschulen ziehen seit einiger Zeit aus den Samen der letzten überlebenden Exemplare gezielt Jungbäume heran und haben Maßnahmen ergriffen, um die Bestände zu stabilisieren und wieder auszubauen. Die Tanne ist damit auch ein gutes Beispiel für den Erfolg von Umwelt- und Naturschutzmaßnahmen. Im Klimawandel könnte ihr helfen, dass sie – bei ausreichender Grundfeuchte – besser mit trockenen Sommern zurechtkommt als die Fichte. Jungbäume werden gern vom Wild verbissen und profitieren, bis eine kritische Größe überwunden ist, von entsprechenden Schutzmaßnahmen.
Welche Tannenarten gibt es im Botanischen Garten, sind besondere Arten darunter?
Die Gattung umfasst knapp 50 Arten. Sie ist über die gesamte Nordhalbkugel der Erde verbreitet. Im Botanischen Garten gibt es derzeit 17 Arten. Jede ist anders und hat ihre eigenen Besonderheiten: Die Korea-Tanne präsentiert ihre aufrechtstehenden Zapfen schon als kleiner Baum, sehr praktisch auf Augenhöhe. Die Nordmann-Tanne aus dem Kaukasus gilt als Deutschlands beliebtester Weihnachtsbaum. Die Numidische Tanne, die in Algerien auf schattigen, steilen Kalkhängen in 2000 Metern Höhe wächst, steht dort kurz vor dem Aussterben. Die besonders steifen Nadeln der Spanischen Tanne erinnern beim Anfassen an einen künstlichen Baum aus Plaste – und so ließe sich die Liste fortsetzen ...
Was sollte man über Tannen (nicht nur zu Weihnachten) wissen?
Interessant wäre sicher, sie überhaupt als Tannen zu erkennen. Dazu gibt es ein gutes Bestimmungsmerkmal: Die Ansätze der Tannennadeln am Zweig sind scheibenförmig verbreitert – die Nadelbasis sieht aus wie ein kleiner Saugnapf. Auch an kahlen Zweigen sieht man das noch und zwar an den kreisrunden Blattnarben.
Außerdem: Tannenzapfen fallen nicht vom Baum! Sie sind untrennbar mit den Zweigen verbunden. Stattdessen verliert ein Tannenzapfen nach und nach seine einzelnen Zapfenschuppen und Samen, bis am Ende nur noch die aufrechtstehende Zentralachse, die sogenannte Zapfenspindel, übrigbleibt. Kiefern- und Fichtenzapfen lösen sich dagegen als Ganzes vom Baum und fallen herab. Sie lassen sich, vergoldet oder naturbelassen, als Dekorationsmaterial für Adventsschmuck verwenden.
Warum spricht man von Weihnachtstannen, obwohl ja auch Kiefern und andere Baumarten als Weihnachtsbaum taugen?
Der gleichmäßig pyramidale Wuchs, die locker stehenden Äste (gut für Kerzen und die Dekoration) und die gleichmäßig verteilten, bei gefällten Bäumen vergleichsweise lange haltbaren Nadeln machen junge Tannen als Weihnachtsbaum besonders geeignet.
Ist es ökologisch vertretbar, heute noch Tannen als Weihnachtsbäume abzusägen – was wären Ihrer Meinung nach Alternativen?
Wo Tannen im Rahmen der Wald- oder Landschaftspflege gefällt werden müssen, wird man sie sinnvoll vermarkten, sei es als Holzlieferanten oder als Weihnachtsbaum. Solange dies fachgerecht und unter Einbeziehung ökologischer Erfordernisse geschieht, schadet es dem Wald als Lebensraum nicht. Viele unserer Weihnachtsbäume stammen jedoch heute gar nicht mehr aus dem Wald, sondern aus Plantagen, die speziell für die Weihnachtsbaumproduktion angelegt wurden. Um möglichst makellose Bäume zu erzielen, verwenden konventionelle Weihnachtsbaumkulturen in erheblichem Ausmaß Pestizide. Wer ökologisch denkt, sollte sich daher vor dem Kauf über die Produktionsbedingungen informieren und wird sinnvolle Alternativen finden. Und: Bäume aus regionalem Anbau sichern kurze Transportwege!
Wenn jemand in diesem besonderen Jahr eine Nase Tannenduft nehmen möchte – ist das Freigelände des Botanischen Gartens weiterhin zugänglich?
Leider ist der ganze Garten bis auf Weiteres für Besucher geschlossen. Alternativ schlage ich einen Waldspaziergang vor.
Gibt es etwas, das Ihrer Meinung nach zur Tanne unbedingt mal gesagt werden müsste?
Der Brauch vom lichtergeschmückten Tannenbaum zu Weihnachten hat seinen Ursprung im deutschsprachigen Raum. Von hier aus breitete er sich im 19. Jahrhundert über große Teile der Welt aus. Und es ist schön, wenn die Tanne zur Feier von Christi Geburt Besinnlichkeit und Licht in die Herzen vieler Menschen bringt. Doch die Sterne am Firmament leuchten heller im Dunkeln – und das ganz ohne zusätzlichen Energieverbrauch. Ich empfehle als Gedankenanstoß einen Comedy-Klassiker des NDR vom Ende des letzten Jahrhunderts: „Die Weihnachtsbeleuchtung“ von Stenkelfeld.
Ursprünglich wollten wir über Zimt schreiben. Gibt es botanische Verbindungen zwischen Tanne und Zimt?
Nicht unbedingt botanisch, aber beide wirken mit Duftreizen auf unsere Psyche: Zimt würzt Weihnachtsgebäck und Glühwein; dazu noch der harzige Geruch von frischem Tannengrün – und das Christkind kann kommen!
Der Botanische Garten der Technischen Universität Dresden zeigt auf seinem 3,25 Hektar großen Gelände rund 10.000 Pflanzenarten aus allen Klimazonen und verschiedensten Regionen der Erde. Die Gliederung des Gartens folgt seit seiner Konzeption durch Carl Oskar Drude (1852-1933) vor allem pflanzengeographischen Gesichtspunkten. Neben der Geographischen Abteilung existieren auch eine Morphologische Abteilung, eine Sammlung von Heil- und Gewürzpflanzen, eine Systematische Abteilung sowie drei Schaugewächshäuser, welche einen Einblick in die Flora tropischer und subtropischer Gebiete geben. Der Garten verfügt über drei Nebenstellen: eine in Zuschendorf bei Pirna mit Schwerpunkt sächsische Gartenbaugeschichte, vor allem historische Sorten von Kamelien, Rhododendron, Azaleen und Hortensien; eine bei Meißen im Elbhügelland (Boselgarten) mit Schwerpunkt wärmeliebender Pflanzen und ein kleiner Standort auf dem Fichtelberg mit alpinen Pflanzen.
Was Sie vielleicht schon immer über die beliebten Bäume wissen wollten, erfragte Kontakt-online bei Dr. Barbara Ditsch, Wissenschaftliche Leiterin im Botanischen Garten der TUD.
Welche Rolle spielt die Tanne in der Lehre, für Sie selbst und im Allgemeinen?
© S. Mayer; Ein festlich geschmückter Weihnachtsbaum ist oft symbolischer Familien-Mittelpunkt während des Festes.
Welche Tannenarten gibt es im Botanischen Garten, sind besondere Arten darunter?
Die Gattung umfasst knapp 50 Arten. Sie ist über die gesamte Nordhalbkugel der Erde verbreitet. Im Botanischen Garten gibt es derzeit 17 Arten. Jede ist anders und hat ihre eigenen Besonderheiten: Die Korea-Tanne präsentiert ihre aufrechtstehenden Zapfen schon als kleiner Baum, sehr praktisch auf Augenhöhe. Die Nordmann-Tanne aus dem Kaukasus gilt als Deutschlands beliebtester Weihnachtsbaum. Die Numidische Tanne, die in Algerien auf schattigen, steilen Kalkhängen in 2000 Metern Höhe wächst, steht dort kurz vor dem Aussterben. Die besonders steifen Nadeln der Spanischen Tanne erinnern beim Anfassen an einen künstlichen Baum aus Plaste – und so ließe sich die Liste fortsetzen ...
Was sollte man über Tannen (nicht nur zu Weihnachten) wissen?
Interessant wäre sicher, sie überhaupt als Tannen zu erkennen. Dazu gibt es ein gutes Bestimmungsmerkmal: Die Ansätze der Tannennadeln am Zweig sind scheibenförmig verbreitert – die Nadelbasis sieht aus wie ein kleiner Saugnapf. Auch an kahlen Zweigen sieht man das noch und zwar an den kreisrunden Blattnarben.
Außerdem: Tannenzapfen fallen nicht vom Baum! Sie sind untrennbar mit den Zweigen verbunden. Stattdessen verliert ein Tannenzapfen nach und nach seine einzelnen Zapfenschuppen und Samen, bis am Ende nur noch die aufrechtstehende Zentralachse, die sogenannte Zapfenspindel, übrigbleibt. Kiefern- und Fichtenzapfen lösen sich dagegen als Ganzes vom Baum und fallen herab. Sie lassen sich, vergoldet oder naturbelassen, als Dekorationsmaterial für Adventsschmuck verwenden.
Warum spricht man von Weihnachtstannen, obwohl ja auch Kiefern und andere Baumarten als Weihnachtsbaum taugen?
Der gleichmäßig pyramidale Wuchs, die locker stehenden Äste (gut für Kerzen und die Dekoration) und die gleichmäßig verteilten, bei gefällten Bäumen vergleichsweise lange haltbaren Nadeln machen junge Tannen als Weihnachtsbaum besonders geeignet.
Ist es ökologisch vertretbar, heute noch Tannen als Weihnachtsbäume abzusägen – was wären Ihrer Meinung nach Alternativen?
Wo Tannen im Rahmen der Wald- oder Landschaftspflege gefällt werden müssen, wird man sie sinnvoll vermarkten, sei es als Holzlieferanten oder als Weihnachtsbaum. Solange dies fachgerecht und unter Einbeziehung ökologischer Erfordernisse geschieht, schadet es dem Wald als Lebensraum nicht. Viele unserer Weihnachtsbäume stammen jedoch heute gar nicht mehr aus dem Wald, sondern aus Plantagen, die speziell für die Weihnachtsbaumproduktion angelegt wurden. Um möglichst makellose Bäume zu erzielen, verwenden konventionelle Weihnachtsbaumkulturen in erheblichem Ausmaß Pestizide. Wer ökologisch denkt, sollte sich daher vor dem Kauf über die Produktionsbedingungen informieren und wird sinnvolle Alternativen finden. Und: Bäume aus regionalem Anbau sichern kurze Transportwege!
Wenn jemand in diesem besonderen Jahr eine Nase Tannenduft nehmen möchte – ist das Freigelände des Botanischen Gartens weiterhin zugänglich?
Leider ist der ganze Garten bis auf Weiteres für Besucher geschlossen. Alternativ schlage ich einen Waldspaziergang vor.
Gibt es etwas, das Ihrer Meinung nach zur Tanne unbedingt mal gesagt werden müsste?
Der Brauch vom lichtergeschmückten Tannenbaum zu Weihnachten hat seinen Ursprung im deutschsprachigen Raum. Von hier aus breitete er sich im 19. Jahrhundert über große Teile der Welt aus. Und es ist schön, wenn die Tanne zur Feier von Christi Geburt Besinnlichkeit und Licht in die Herzen vieler Menschen bringt. Doch die Sterne am Firmament leuchten heller im Dunkeln – und das ganz ohne zusätzlichen Energieverbrauch. Ich empfehle als Gedankenanstoß einen Comedy-Klassiker des NDR vom Ende des letzten Jahrhunderts: „Die Weihnachtsbeleuchtung“ von Stenkelfeld.
Ursprünglich wollten wir über Zimt schreiben. Gibt es botanische Verbindungen zwischen Tanne und Zimt?
Nicht unbedingt botanisch, aber beide wirken mit Duftreizen auf unsere Psyche: Zimt würzt Weihnachtsgebäck und Glühwein; dazu noch der harzige Geruch von frischem Tannengrün – und das Christkind kann kommen!
Der Botanische Garten der Technischen Universität Dresden zeigt auf seinem 3,25 Hektar großen Gelände rund 10.000 Pflanzenarten aus allen Klimazonen und verschiedensten Regionen der Erde. Die Gliederung des Gartens folgt seit seiner Konzeption durch Carl Oskar Drude (1852-1933) vor allem pflanzengeographischen Gesichtspunkten. Neben der Geographischen Abteilung existieren auch eine Morphologische Abteilung, eine Sammlung von Heil- und Gewürzpflanzen, eine Systematische Abteilung sowie drei Schaugewächshäuser, welche einen Einblick in die Flora tropischer und subtropischer Gebiete geben. Der Garten verfügt über drei Nebenstellen: eine in Zuschendorf bei Pirna mit Schwerpunkt sächsische Gartenbaugeschichte, vor allem historische Sorten von Kamelien, Rhododendron, Azaleen und Hortensien; eine bei Meißen im Elbhügelland (Boselgarten) mit Schwerpunkt wärmeliebender Pflanzen und ein kleiner Standort auf dem Fichtelberg mit alpinen Pflanzen.