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Regionalbotschafter im Porträt

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Regionalbotschafter vorgestellt: Wie aus Erfahrung Wissen wird
Steffi Eckold

Als Kind half er in Ferienzeiten bei der Kaffee- und Erdnussernte. Heute beschäftigt sich Germain Jean Magloire Ketcha Wanda aus Kamerun mit der Untersuchung von Pflanzen auf ihre therapeutische Wirkung und medizinische Nutzung hin. Seine Erfahrungen als Doktorand an der TU Dresden (TUD) will er weitergeben - als Regionalbotschafter.

© privat; Germain Jean Magloire Ketcha Wanda forschte in seiner Dissertation zu Pflanzenfarbstoffen.
© privat; Germain Jean Magloire Ketcha Wanda forschte in seiner Dissertation zu Pflanzenfarbstoffen.
An seine Kindheit denkt Germain Ketcha Wanda gerne zurück. Er wuchs als zweitjüngstes von zehn Geschwistern in der Kleinstadt Bangangté in Kamerun auf. Sein Vater war Beamter und saß zeitweise im Parlament Kameruns. In den Schulferien half der heute 41-Jährige der Mutter auf der Farm. Kaffee erntete er in der Zeit, aber auch Mais und Erdnüsse. Gerne erinnert er sich an die Ausflüge zum Jagen und Fischen. „Damals habe ich einige Trophäen sammeln können", erzählt er.

Das kleine Bangangté ist seit 2000 Sitz einer Privatuniversität. Landesweit kann der zukünftige Akademiker zwischen neun staatlichen Universitäten wählen. Als sich Germain Ketcha Wanda nach seinem Schulabschluss 1990 für ein Studium entschied, war das noch anders. Die einzige staatliche Hochschule Kameruns lag in Jaunde, der 240 Kilometer entfernten Hauptstadt Kameruns. „Ich hatte keine andere Wahl, als nach Jaunde zu ziehen. Es war der einzige Weg, um in Kamerun zu studieren." Auch die Studienfachwahl war begrenzt. Er interessierte sich für Medizin und begann daher, Zoologie auf Bachelor zu studieren. Für sein Masterstudium spezialisierte er sich auf Tierphysiologie und schloss 1999 das Masterstudium mit einem Diplôme d’Études Approfondie (DEA) ab, das ihm eine Dissertation ermöglichte.

Seine Verbindung zur TUD kam zufällig zustande. Er traf Anfang 2000 einen früheren Schulfreund wieder, der gerade an der TUD seine Dissertation schrieb und in Kamerun Urlaub machte. Dieser vermittelte den Kontakt zur TUD-Forschergruppe um Günter Vollmer, Professor für Molekulare Zellphysiologie und Endokrinologie. Doch wie funktionierte der wissenschaftliche Sprung von der Tierphysiologie zur Zellphysiologie? „Mein Master-Thema unterschied sich natürlich von dem Bereich, den die Forschungsgruppe bearbeitete. Mein Dissertationsvorschlag wurde einige Male überarbeitet, bis er passte", erinnert er sich.

Eine Förderungszusage des DAAD im August 2001 stellte die endgültigen Weichen für das Dissertationsvorhaben in Dresden. Im Jahr 2002 war es soweit. Germain Ketcha Wanda, der zuvor noch nie in Europa gewesen war, flog über Zürich nach Dresden. „Vom Flugzeug aus habe ich zum ersten Mal Häuser mit roten Dächern gesehen. Es war faszinierend, wie sie gebaut und zueinander angeordnet waren", beschreibt er seine ersten Eindrücke. Nach Dresden wurde er von seiner Ehefrau und den beiden Söhnen begleitet. Im Januar 2005 kam sein drittes Kind zur Welt, eine Tochter. „Wir haben sie Astrid genannt – so bleibt Deutschland durch sie für uns in Erinnerung", erklärt er. Es sind gute Erinnerungen, von denen Germain Ketcha Wanda zehrt, seit er 2006 nach Kamerun zurückgekehrt ist. Exkursionen in den Spreewald sind darunter, Klettern in der Sächsischen Schweiz und Kanutouren auf der Elbe. Und natürlich die Arbeit an seiner Dissertation, die sich mit Pflanzenfarbstoffen des in Kamerun als Heilpflanze genutzten Tropenbaums Millettia griffoniana und ihrer möglichen therapeutischen Nutzung beschäftigte. Die Arbeitsbedingungen am Institut empfand er als ideal. „Es gab keine Schwierigkeiten während meiner Forschungszeit und alle Mitarbeiter waren freundlich". Er bedauert nur, dass er zu vielen Kollegen den Kontakt nicht aufrechterhalten konnte, nachdem er Dresden verlassen hatte.

© H. Goehler; Wie Dr. Ketcha Wanda untersuchen die Dresdner Forscher die Wirkungsweise von Isoflavonen, also von Pflanzeninhaltsstoffen. Bekanntere Isoflavone wie Genistein kommen in Rotklee vor.
© H. Goehler; Wie Dr. Ketcha Wanda untersuchen die Dresdner Forscher die Wirkungsweise von Isoflavonen, also von Pflanzeninhaltsstoffen. Bekanntere Isoflavone wie Genistein kommen in Rotklee vor.
An der Universität von Jaunde I arbeitet Germain Ketcha Wanda seit 2007 als Dozent für Biologie. Sein wissenschaftlicher Schwerpunkt liegt auf der weiteren Erforschung spezieller Isoflavone von Millettia griffoniana, wobei er weiterhin eng mit seinem Doktorvater Prof. Vollmer zusammenarbeitet. „Ich glaube, dass Naturmedizin ein Schatz ist, den es zu bergen gilt. In vielen Entwicklungsländern beruht das Wissen um die Kraft dieser Medizin noch auf persönlichen Erfahrungen. Daher ist es wichtig, mehr Pflanzen auf ihre therapeutischen Wirkungen hin zu untersuchen und sie auf wissenschaftlicher Ebene hin zu charakterisieren. So werden wir zukünftig in der Lage sein, ihren Nutzen, ihre Nebenwirkungen, aber auch ihren toxischen Gehalt zu kontrollieren", erklärt er und fährt fort: „Die Pflanzenvielfalt in Afrika und besonders in Kamerun ist enorm. Wir müssen sie nur untersuchen und herausfinden, welche Gewächse wie für den Menschen nutzbar sind."

Anfang Oktober wird Germain Ketcha Wanda nach sechs Jahren zurück an die TUD kommen. Er nimmt am Alumni-Symposium zum Thema „Bioactive principles of medicinal plants and diet" teil, das von seinem Doktorvater Prof. Günter Vollmer initiiert wurde, der sich seit vielen Jahren der Erforschung pflanzlicher Naturstoffe widmet. Germain Ketcha Wanda freut sich auf die Woche: „Ich habe hohe Erwartungen an das Symposium. Zunächst einmal werde ich danach genauer wissen, worüber derzeit auf dem Gebiet der Molekularen Zellphysiologie und Endokrinologie geforscht wird. Ich hoffe zudem auf Forschungsbeziehungen und die Möglichkeit, Erfahrungen und Wissen auszutauschen."

Sein Wissen als TUD-Absolvent gibt er seit Juni 2012 auch als Regionalbotschafter der Universität weiter. Er will Menschen in Kamerun künftig aktiv von der TUD berichten, plant Informationsveranstaltungen und sucht den Kontakt zu deutschsprachigen Einrichtungen seines Landes. Die Gründe sind einfach: „Die Anzahl der jungen Kameruner, die in Deutschland studieren wollen, wächst beständig. Einige von ihnen für ein Studium in Dresden begeistern zu können, ist ein lohnendes Ziel für mich", so Germain Ketcha Wanda.