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Spitze bei Glas von der Rolle

Dagmar Möbius

Etwas aus dem Metallbaukasten kreieren und am Moped schrauben gehört für viele Jungen zur kindlich-jugendlichen Erfahrungswelt. Für Uwe Beier stand jedoch schon ganz früh fest, dass sein späterer Beruf mit Maschinenbau zu tun haben sollte. Mit 26 Jahren machte er sich selbstständig und ist mit seinen Ideen heute ein international gefragter Unternehmer.

© Adenso (2); Uwe Beier im Cleanroom
© Adenso (2); Uwe Beier im Cleanroom
Nach der Schule absolvierte Uwe Beier eine Lehre als Mechaniker mit Abitur bei einem landtechnischen Institut in Bautzen. Die Firma existiert heute nicht mehr, aber von den praktischen Fähigkeiten profitiert er noch heute: Drehen, Fräsen, Schmieden, Schweißen – kurz, er erlernte alle metallbauverarbeitenden Techniken. „Eine gute Grundlage für mein Studium“, schätzt der gebürtige Meißner ein. Die Berufsschule musste die Studienaufnahme befürworten.

Bei einem Tag der offenen Tür an der TU Dresden informierte sich Uwe Beier. Kraftfahrzeugtechnik interessierte ihn auch, doch er fragte sich: „Was gibt es im Osten für Autos?“ Also doch Maschinenbau. „Da gab es keine Alternative“, sagt der 48-Jährige. Er entschied sich für die anspruchsvolle Vertiefungsrichtung „Werkzeugmaschinen“ und begründet: „Sie hat mit Präzision zu tun, erfordert exaktes Arbeiten und höchste Genauigkeiten. Von allem ein bisschen, aber nichts richtig, wollte ich nicht.“ Und er wollte an einer renommierten Universität mit wirklich exzellenter Ausbildung studieren.

Von 1991 bis 1995 absolvierte er sein Diplomstudium an der TUD. „Wir waren nur elf Studenten in der Vertiefungsrichtung und standen in einem sehr direkten Kontakt mit unseren Prof´s“, erzählt er und schmunzelt: „Das erzeugte natürlich auch einen gewissen Druck, tatsächlich zu allen Lehrveranstaltungen zu erscheinen. Dennoch hatten wir viele Freiheiten.“ Lösungen für Aufgaben und Probleme erarbeiten, erfinden und umsetzen, war Uwe Beiers Passion und ist es geblieben. Der Mechanikfan haderte im Studium allerdings mit allem Elektrischen. Rückblickend schätzt er ein: „Bloß gut, dass uns die Professoren damit geknechtet haben; hat man gar keine Ahnung davon, ist es schlecht. Und es gibt einem das Gefühl dafür, ob etwas sinnvoll ist oder nicht.“

Schon während des Studiums startete Uwe Beier als freiberuflicher Konstrukteur. In seiner Diplomarbeit beschäftigte er sich mit Profilschienentechnik. Er untersuchte Umbauten auf Fehlereigenschaften und ihre Auswirkungen. Als junger Diplom-Ingenieur sammelte er für kurze Zeit Erfahrungen als angestellter Konstrukteur. Mit 26 Jahren wagte er den Schritt in die Selbstständigkeit als freiberuflicher Entwicklungs-Ingenieur: Er baute ein Ingenieurbüro für Sonderkonstruktionen auf, später eine Sondermaschinen-Montage. Stetig entwickelte er eigene Produkte. Heute ist er Geschäftsführer der Adenso GmbH. Sein Unternehmen entwickelt Robotertechnik und Rolle-zu-Rolle-Anlagen. Diese sogenannten R2R-Anlagen verfügen über Eigenschaften, die der Wettbewerb nicht zu bieten hat.

Uwe Beier begutachtet das ultradünne Glas.
Uwe Beier begutachtet das ultradünne Glas.
„Glas von der Rolle“, so dünn wie ein menschliches Haar oder dünner, wie es beispielsweise für Handydisplays oder Mikrofolien gebraucht wird, muss hergestellt und maschinell aufgewickelt werden können, ohne zu brechen. Weltweit gibt es drei Hersteller, die das können: Einen in Amerika, einen in Japan und Uwe Beiers Firma. „Wir haben auf eigene Faust so eine Anlage entwickelt“, sagt der Firmenchef und erklärt, wie er darauf kam. „Man muss zuhören können und so Kundenanforderungen erkennen, Risiko eingehen und investieren.“ Oft wundern sich Kunden, wie er auf die Lösungen kommt. Es sind seine jahrelangen praktischen Erfahrungen und auch das Wissen aus seinem Studium und insbesondere aus seiner Diplomarbeit: „Diese Kenntnisse brauchen wir genau jetzt. Von der exzellenten Basis profitiere ich immer noch.“

Uwe Beier hat der TU Dresden viel zu verdanken. Er musste nicht lange überlegen, als ihn der Hilfeaufruf zur Corona-Spendenaktion für in Not geratene Studierende erreichte. „Ich weiß noch, wie es war, als das Geld im Studium manchmal knapp war. Wenn dann noch der Nebenjob wegfällt, ist das heftig. Natürlich helfe ich da sofort.“ Neben den Geldleistungen bot er kurzerhand auch Nebenjobs/Praktika/Beleg- und Abschlussarbeiten an.

In seiner Firma arbeiten 25 feste Mitarbeiter. Die meisten Ingenieure, viele haben ebenfalls an der TUD studiert. Hinzu kommen projektbezogene Dienstleister, möglichst aus der Region, wie er betont.

„Die Robotertechnik ist ein komplexes Thema und die Anforderungen nehmen rasant zu. Deshalb arbeiten wir auf diesem Gebiet mit dem Institut für mechatronischen Maschinenbau der TUD, dem Nachfolger der Werkzeugmaschinensektion, zusammen, um die technischen Grenzen immer weiter hinauszuschieben.“ Nächster Schritt ist die Gründung der Tochterfirma adSphere, die sich mit Sensortechnologien, speziell großformatigen und flexiblen Sensor-Arrays auf Polymer- und Dünnstglasbasis, beschäftigen wird.