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Maria Rodriguez Elizondo
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Absolventenporträts

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Die Sprachenschatzkammer aufgemacht
Dagmar Möbius

Wenn die Ausgabe dieses Absolventenmagazins erscheint, ist bei Maria Rodriguez Elizondo Hochsommer. Sie wird sich in Kolumbien und Argentinien aufhalten und Seminare geben. Für „kulturweit", den Freiwilligendienst des Auswärtigen Amtes und der deutschen Unesco Kommission.

© privat (2); Maria Rodriguez Elizondo gibt zurzeit Seminare in Lateinamerika.
© privat (2); Maria Rodriguez Elizondo gibt zurzeit Seminare in Lateinamerika.
Sie arbeitet also. Dennoch sagt die 30-Jährige: „Ich befinde mich in einer Regenerationsphase, für gefühlte sechs bis zehn Monate." Im September 2011 hat sie ihr Magisterstudium in den Hauptfächern Germanistik/Deutsch als Fremdsprache und Romanistik/Sprachwissenschaft abgeschlossen. Mit „Sehr gut". Doch bereits nach dem Abitur hatte sie an der TU Dresden (TUD) für fünf Jahre auf Lehramt für Gymnasien in den Fächern Deutsch und Spanisch studiert.

Warum treibt es eine junge Frau mit diesem Namen zum Spanisch-Studium? Maria Rodriguez Elizondo lacht: „Ich wollte immer Spanisch lernen." Noch mehr Verwunderung. „Mein Vater kommt aus Kuba, aber ich bin nicht mit ihm groß geworden", erklärt sie.

Ein Studium kam für sie nur in Dresden in Frage. „Woanders habe ich mich gar nicht beworben, ich war damals noch nicht so weit", lächelt sie. Die Bandbreite der Studienangebote gefiel ihr gut. An die Beschäftigung mit Mittelhochdeutsch denkt sie gern: „Die Nibelungen zum Beispiel haben mich total interessiert – wie vieles, das man später nicht braucht." Die ersten Semester waren dennoch kein Spaziergang. „Man musste sich sehr anstrengen und lernen, die Zeit einzuteilen. Erziehungswissenschaften, Psychologie, Spanisch, Literatur- und Sprachwissenschaft – meine Güte, das ist schon so lange her", muss das Energiebündel selbst über sich lachen. Irgendwann fiel ihr Germanistik schwerer als Spanisch. Fast wundert sie sich selbst ein bisschen darüber.

Mit einer ganz anderen Lernkultur war sie an der Universidad de Sevilla konfrontiert, wo sie von 2003 bis 2004 zwei Auslandsemester verbrachte. Während in Deutschland eher frei entschieden werden kann, gelte eine Lehrkraft in Spanien als Autorität. Ganz praktische Probleme standen am Anfang: „Schreibe ich auf Deutsch oder Spanisch mit?" Um Kontakte zu knüpfen, nutzte sie auch das Volleyballspiel und engagierte sich in einem Sozialprojekt für Obdachlose.

Die lange Studienzeit sieht Maria Rodriguez Elizondo als Gewinn. „Ich brauchte die Zeit, um herauszufinden, was ich gern mache", begründet sie. Für die Persönlichkeitsentwicklung müsse man lernen, für sich selbst Verantwortung zu übernehmen und seine Schwerpunkte nach den Interessen zu richten. „Wenn man etwas wissen will, muss man eben selbst zum Dozenten gehen und nachfragen."

An ihre Professorin Susanne Narciss am Institut für Pädagogische Psychologie und Entwicklungspsychologie der TUD erinnert sie sich besonders gern. Wie man Motivation transportiert, lernte sie von ihr. Anschaulich und lebensnah, in simulierten Unterrichtsstunden. Auch das Konzept „Bewegte Schule" gefiel ihr. Kein Wunder bei ihrer Begeisterung für den Tanz. Ohne die Faszination einem bestimmten Stil zuordnen zu wollen. „Im Tanz bin ich 100 Prozent ICH" hat sie erfahren. Dass der Tanz irgendwann einmal Teil ihrer Arbeit sein könnte, ist denkbar. „Tanz ist eine so unmittelbare Form, sich auszudrücken", ist das Sprachtalent überzeugt, das übrigens nicht nur Englisch und Spanisch fließend spricht, sondern auch brasilianisches Portugiesisch auf B1-Niveau und Tschechisch auf A2-Niveau beherrscht. Ihr schulischer Latein- und Französisch-Unterricht scheint ihr so selbstverständlich, dass sie ihn im Lebenslauf nicht erwähnt. Dass Sprache viel mit Emotion zu tun hat, lernte sie von Gesine Lenore Schiewer, die als Gastprofessorin Translationswissenschaft/Interkulturelle Germanistik an der TUD lehrte.

„Man darf sich als Lehrperson nicht so wichtig nehmen", meint Maria Rodriguez Elizondo. Man müsse den Lernenden erklären, warum was gemacht wird. Sie kann bereits auf umfangreiche Lehrerfahrungen verweisen. So hat sie Deutsch als Fremdsprache nicht nur für Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund am Hülße-Gymnasium und Bertolt-Brecht-Gymnasium in Dresden, sondern auch für Teilnehmer am interkulturellen Deutschunterricht an der TUD unterrichtet, und eine interkulturelle Unterrichtseinheit „Studieren in Deutschland" für eine Sprachdiplomschule in Buenos Aires entwickelt.

© ?kulturweit"-Freiwillige im November 2011 während einer Teambuildingsübung in Bogotá, Kolumbien.
© ?kulturweit"-Freiwillige im November 2011 während einer Teambuildingsübung in Bogotá, Kolumbien.
Dass sie einmal als Trainerin in der interkulturellen Erwachsenenbildung arbeiten würde, konnte sich die Linguistin noch vor zwei Jahren nicht vorstellen. „Ich wusste bis dahin gar nicht, dass das ein Beruf sein kann", schmunzelt sie. Dabei wirkte sie schon als Tutorin bei den Internationalen Sommerkursen bei TUDIAS oder führte an deutschen Schulen in Buenos Aires Studieninformationsveranstaltungen durch. Seit fast zwei Jahren ist sie Trainerin bei „kulturweit", seit Juli 2010 auch beim Europäischen Freiwilligendienst im Internationalen Bildungszentrum Witzenhausen (IBZW). Dort konzipiert sie pädagogische Begleitprogramme für Freiwillige aus Deutschland und Europa. Einen Traumberuf hatte sie nie. Aber jetzt hat sie ihn. Sagt sie und schwärmt von ihrer Seminartätigkeit. Pädagogik liege ihr, wird sie mitunter gelobt. „Stimmt", sagt sie, „das ist auch was, was ich kann."

Wo sie einmal hin will? „Mit dem Zukunftsblick tue ich mich schwer", gibt sie zu, „die Dinge kommen auf einen zu und entstehen aus den eigenen Wünschen." Ein vernünftiger Rhythmus zwischen Arbeit und Freizeit ist ihr wichtig. Kreatives reizt sie. „Vielleicht kann man den Tanz in die Spracharbeit integrieren?", sinniert sie. Oder Lehramt? „Ich kann mir auch vorstellen, dass ich das mal später ganz solide mache", lacht Maria Rodriguez Elizondo. Aber: Um seine eigene Lehrerpersönlichkeit zu entwickeln, müsse man sich freischwimmen von alten Vermittlungsmustern und den eigenen Lehrstil ausprobieren. Vielleicht beginnt sie aber auch mit ihrer Promotion. Um Fragen wie diese zu untersuchen: „Wie fühlen sich Menschen, die viele Sprachen sprechen und wie fühlen sie sich, wenn sie die Sprachen wechseln?" Mehrsprachigkeit und Identität – ein Terrain, an dem sie gern weiter forschen würde.

„Ich habe die Schatzkammer aufgemacht, jetzt muss ich tiefer hineinspringen", resümiert die Linguistin.